Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Teures Betongold

Zinstief treibt Preis für Häuser und Wohnungen nach oben – KfW warnt vor Blase

- Von Finn Mayer-Kuckuk

- Die Immobilien­preise steigen scheinbar unaufhalts­am weiter. Ende vergangene­n Jahres haben die Bewertunge­n für Wohnungen und Häuser sogar noch einmal kräftig angezogen. Das Statistisc­he Bundesamt verzeichne­t einen Anstieg von 8,1 Prozent für das vierte Quartal, also den Zeitraum von Oktober bis Dezember. „Damit setzt sich der Trend steigender Wohnimmobi­lienpreise trotz der andauernde­n Corona-Pandemie wie bereits in den vergangene­n Quartalen fort“, kommentier­ten die staatliche­n Statistike­r am Montag.

Vor allem Häuser wurden teurer – und zwar sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Der Zuwachs lag hier bei mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Auch für Eigentumsw­ohnungen bezahlten die Käufer erneut mehr. In den Städten lag der Anstieg bei sechs Prozent. Seit 2015 ist der Immobilien­preisindex des Statistisc­hen Bundesamte­s um 43 Prozent gestiegen. Die Förderbank KfW warnt angesichts des steilen Aufwärtstr­ends vor einer Blase. Es gebe Anzeichen für „regionale spekulativ­e Preisübert­reibungen“. Anleger sollten sich bei ihrer Kaufentsch­eidung nicht darauf verlassen, dass die Preise immer nur weiter hochgehen. Es könne durchaus auch zu einer „Korrektur“kommen, also einem Einbruch der Bewertunge­n.

Die Fortsetzun­g der Preissteig­erungen im vergangene­n Jahr scheint auf den ersten Blick dem allgemeine­n Trend zu widersprec­hen. Schließlic­h ist die gesamte Wirtschaft­sleistung wegen Corona um fast fünf Prozent eingebroch­en, viele Arbeitnehm­er, Unternehme­r und Freiberufl­er kämpfen mit sinkenden Einnahmen.

Doch Ökonomen führen den Anstieg zumindest indirekt auf Corona zurück: Zur Krisenbekä­mpfung pumpen die Zentralban­ken Geld in den Finanzmark­t. Das verbilligt die Immobilien­zinsen. „Das Rezept der Geldpoliti­k in der Pandemie lautet: Negativ- und Nullzinsen auf absehbare Zeit“, schreiben Experten der Deutschen Bank in ihrem Deutschlan­d-Monitor Baufinanzi­erung.

Die Marktzinse­n für Baugeld mit zehn Jahren Zinsbindun­g sind von ihrem Allzeittie­f um 0,75 Prozent im vergangene­n Sommer zwar wieder etwas gestiegen, liegen Ende März aber immer noch unter einem Prozent. Kaum jemand erwartet für die nahe Zukunft einen nennenswer­ten Anstieg. Auch teure Immobilien bleiben damit erschwingl­ich. Nach Einschätzu­ng der Deutschen Bank wird sich auch auf der Angebotsse­ite nicht so viel tun wie erhofft. „Die bekannten Ursachen – Mangel an Bauland, komplexe Vorschrift­en – dürften über Jahre hinaus fortbesteh­en.“Es werden nach Einschätzu­ng der Bank daher weiter zu wenig Wohnungen fertiggest­ellt. „Setzt sich der Homeoffice-Boom dauerhaft fort, dürfte die Nachfrage nach Wohnraum noch einmal kräftig anziehen.“

Die KfW teilt diese Einschätzu­ng jedoch nicht uneingesch­ränkt. Sie erwartet wegen steigender Bautätigke­it eine Entspannun­g am Markt – und leitet daraus die Möglichkei­t sinkender Preise ab. Viel hängt jetzt davon ab, ob die Zuwanderun­g aus dem Ausland nach Corona zu- oder abnimmt. Für beide Trends gibt es Anzeichen – es könnte auch sein, dass die Folgen der Wirtschaft­skrise zu einem neuen Zustrom von Arbeitskrä­ften aus südeuropäi­schen Ländern führt.

Zudem ist das Interesse an Kaufobjekt­en in der Bevölkerun­g weiterhin riesig. Das Portal Immoscout2­4 hat im Februar einen Anstieg der Anfragen um ein Drittel registrier­t. „Eine Verschiebu­ng aus der Stadt zugunsten des Landes ist dabei nicht erkennbar“, lautet die Analyse der Immoscout-Datenexper­ten. „Ein schönes Zuhause ist durch die Corona-Pandemie noch wichtiger geworden.“Im vergangene­n Winter gab knapp die Hälfte der Befragten in einer Erhebung des Dienstleis­ters Innofact an, ihr Zuhause wegen Corona mehr wertzuschä­tzen denn je. „Wer die finanziell­en Mittel hat, sucht daher eher nach einem Eigenheim anstatt der nächsten Mietwohnun­g“, sagt Immoscout-Geschäftsf­ührer Ralf Weitz.

 ?? FOTO: NICOLAS ARMER/DPA ?? Häuser und Wohnungen werden immer teurer. Das Statistisc­he Bundesamt verzeichne­t einen Anstieg von 8,1 Prozent für das vierte Quartal 2020, also den Zeitraum von Oktober bis Dezember. Experten warnen vor einer Blase.
FOTO: NICOLAS ARMER/DPA Häuser und Wohnungen werden immer teurer. Das Statistisc­he Bundesamt verzeichne­t einen Anstieg von 8,1 Prozent für das vierte Quartal 2020, also den Zeitraum von Oktober bis Dezember. Experten warnen vor einer Blase.

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