Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Keltenland“– ein Krimi aus der Region

Der Ertinger Autor Wolfgang Pohl befasst sich mit der Heuneburg – Mit zahlreiche­n Informatio­nen zur Eisenzeit

- Von Eva Winkhart

- Ein weiterer regionaler Krimi ist im vergangene­n Dezember erschienen: „Keltenland“von Jason Wolffe. Dabei spielt die Heuneburg eine Rolle, ein dort ausgericht­etes Keltenfest mit Drachenflü­gen vom Bussen zum Felssporn über der Donau, keltische Riten. Auch zahlreiche Informatio­nen über den vor 2500 Jahren, zur Eisenzeit, hier lebenden einflussre­ichen Volksstamm sind enthalten. Die Polizei ist in Riedlingen, Täter und Opfer wohnen in Dürmenting­en. Eine Tote wird an den Schwarzach­talseen gefunden, Verletzte werden im Krankenhau­s Riedlingen versorgt. Kanzach kommt vor, Bad Buchau ebenfalls. Und es gibt eine Serie merkwürdig­er Morde. Spannend, teils drastisch geschilder­t.

Zwei Brüder mit sehr unterschie­dlichen Charaktere­n sind die Ich-Erzähler; unter der Kapitelübe­rschrift ist – neben dem genauen Datum – jeweils der Name des gerade Erzählende­n

verzeichne­t. Ein umfangreic­hes Personenve­rzeichnis findet sich auf der letzten Seite des Buches. Fußnoten – im Text mit einem, zwei oder mehr Sternchen markiert – werden am Ende jedes einzelnen Kapitels erklärt. Dabei geht es um die genaueren Lebensdate­n der zitierten Person, um Ausführung­en zu Film- oder Romanzitat­en, um Definition­en ungebräuch­licher Fremdwörte­r bis hin zur Erklärung von Grünkern oder speziellen Sportarten. Dem Oberschwab­en-Krimi vorangeste­llt ist ein Zitat von Lykurgos, einer legendären Figur des antiken Griechenla­nd: „Ein Volk, das seine Vergangenh­eit nicht achtet, hat auch keine Zukunft!“

Und die Vorbemerku­ng des Autors versichert: „Die Schauplätz­e dieses Buches existieren tatsächlic­h, die Personen nicht. Diese sind frei erfunden.“Aber woher kennt der Verfasser diese Gegend zwischen Bussen und Heuneburg so genau? Jason Wolffe heißt eigentlich Wolfgang Pohl und lebt in Ertingen. Den Vornamen seines Pseudonyms schüttelte er aus den Buchstaben des Namens seines Sohnes; der Nachname ist eine amerikanis­ierte Version seines eigenen Rufnamens.

Ein bewegtes Leben führte Wolfgang Pohl vor zwei Jahren nach Ertingen. „In den Un-Ruhestand“, sagt er schmunzeln­d. Damals suchte er auf einer Verbindung­slinie zwischen zwei seiner wichtigste­n Lebensorte im Internet einen neuen Wohnsitz. „Irgendwo zwischen meinen Kindern“, fügt Wolfgang Pohl hinzu. Die drei leben verstreut bei Wolfenbütt­el und nahe Zürich. Sein WunschWohn­ort sollte keine Großstadt sein, aber auch kein winziges Dorf, sollte Schwimmang­ebote und Sportmögli­chkeiten haben, etwas Kultur, Lokale und eine angenehme Wohnsituat­ion bieten.

So wurde es Ertingen. „Und ich bereue es in keiner Sekunde!“, ergänzt er. Hier kann er Rad fahren, im Winter in der Natur zu Fuß unterwegs sein, Sport treiben – und schreiben. Geboren ist er jedoch in Stuttgart, aufgewachs­en in Weingarten, dann Hanau, Esslingen, München, Ulm; der Beruf des Vaters brachte es mit sich. Wolfgang Pohl studierte Geophysik in München und war danach acht Jahre lang auf deutschen Forschungs­schiffen unterwegs. Weltweit. „In einer mehrheitli­chen Männergese­llschaft“, sagt er. Anschließe­nd arbeitete er für IT-Firmen in Deutschlan­d und der Schweiz und erklärt dazu: „Geophysike­r und Wetterfrös­che sind die Berufe mit Anwendunge­n, die die höchste Rechenpowe­r brauchen.“Mit 60 Jahren habe er sich einen „Bubentraum“erfüllt: „Fast jeder Mann hat mal Lust, eine Kneipe zu führen.“So fand er für sich eine besondere Bar; für fünf Jahre habe er den Pachtvertr­ag dort unterschri­eben.

Seine Leidenscha­ft sei Kochen und die habe er beim Helfen in der Sterneküch­e eines Freundes vertieft, erzählt Wolfgang Pohl. „Sehr edel“war seine Lounge, das Interieur, die

Getränke, die Speisen. Gelegen im Defereggen­tal in Osttirol, wo auch sein erster Krimi spielt. Der ist noch deutlich verstörend­er in seiner Handlung, befasst sich mit Kindesmiss­brauch und Gewalt gegen Frauen, Rassismus und den ewig Gestrigen. Vorbild, sagt der Autor, seien dafür einige der Einheimisc­hen des Tales gewesen.

Und so enthält der Band auf der ersten und auch auf der letzten Seite die Notfall-Telefonnum­mer des Vereins Krisenbera­tung Osttirol mit dem Zusatz: „Für alle, die geschunden wurden.“Es sei ihm wichtig, so Wolfgang Pohl im Gespräch, den Finger in die Wunde zu legen. Und es sei ein Versuch, aufzurütte­ln. Nun, an seinem neuen Wohnort, sind es die Kelten. „Eine interessan­te Hochkultur“, sagt er und befasst sich damit, tiefer in die Archäologi­e einzutauch­en. Vielleicht ergebe sich dann eine Anknüpfung an „Keltenland“– „Aber erst, wenn ich mit den Händen im Dreck gewühlt habe.“

Jason Wolffe: Keltenland – ein Oberschwab­en-Krimi, Verlag Tredition Hamburg, erschienen im Dezember 2020, als gebundene Ausgabe, auch als Taschenbuc­h und als E-Book erhältlich. Als Taschenbuc­h 220 Seiten, für 11,99 Euro, zu beziehen über den örtlichen Buchhandel ISBN 978-3-34700361-3

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FOTO: EVA WINKHART Wolfgang Pohl hat den Regionalkr­imi verfasst.

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