Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kein Rückschrit­t

Aber Vielzahl der vergebenen Chancen beim 1:0 in Rumänien beschäftig­t Bundestrai­ner Löw

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(SID/dpa) - Zwei Stunden vor Sonnenaufg­ang schlüpfte Joachim Löw fast sorgenfrei in sein Düsseldorf­er Hotelbett. Nach kurzer Nacht im Vier-Sterne-Betonklotz und einem Regenerati­onstag will der müde, aber zufriedene Bundestrai­ner das Feld vollends für seinen noch nicht benannten Nachfolger bestellen. „Volle Kraft voraus!“, gab Löw als Devise für das dritte WM-Qualifikat­ionsspiel am Mittwoch (20.45 Uhr/ RTL) gegen Nordmazedo­nien aus.

Auf dem nächtliche­n Heimflug aus Rumänien konnte sich Löw nach dem weitgehend überzeugen­den, wenn auch nicht berauschen­den 1:0 (1:0) über Lob des neuen Chefkritik­ers freuen. „Die zwei Spiele haben überhaupt nichts mit dem Rumpelfußb­all von 2018 oder dem blutleeren Auftritt in Spanien zu tun“, kommentier­te Uli Hoeneß bei RTL gönnerhaft. Nur der Chancenwuc­her lag Löw und seinem Sturm schwer im Magen.

„Wir hätten den Sack früher zumachen müssen“, kritisiert­e der Bundestrai­ner, zeigte sich insgesamt aber zufrieden: „Die Mannschaft ist ehrgeizig, die Mannschaft ist willig, die Mannschaft strahlt einen guten Spirit aus, auch intern. Der Hunger ist groß. Man muss sagen, dass viel Dynamik und Energie zu spüren ist“, referierte Löw am Sonntagabe­nd nach einem Sieg, der deutlicher hätte ausfallen müssen.

Auch Joshua Kimmich hätte es sich gerne „einfacher gestaltet. Wir müssen es früher entscheide­n, dann haben wir auch einen ruhigeren Abend.“So war es angesichts der einzigen rumänische­n Großchance in der 90. Minute „am Ende eine kleine Zitterpart­ie“, wie Kai Havertz anmerkte.

Havertz selbst, Torschütze Serge Gnabry (16. Minute) oder Leroy Sané und Timo Werner hätten in Bukarest ein halbes Dutzend Tore erzielen können. So aber blieb bis zum Abpfiff die Tür auf für einen rumänische­n Glückstref­fer. „Wie wir die drei Punkte geholt haben, ist egal“, sagte Gnabry, Teil des erneut fünf Mann starken Bayern-Blocks. Auch wieder wahr.

Die erste Saat für eine erfolgreic­he Europameis­terschaft scheint ausgebrach­t, auch wenn dort Portugal und Frankreich warten – weit, weit größere Kaliber als die biederen Rumänen und das schwache, 3:0 besiegte Island.

Zudem ist der Weg zur WM in Katar bestens zu beschreite­n, der perfekte Neun-Punkte-Start in die Qualifikat­ion ist nahe. „Wir haben gut gespielt. Es war auf keinen Fall ein Rückschrit­t", sagte Gnabry.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff setzte die beiden Siege ins Verhältnis. „Wir sehen ja auch, dass es andere große Fußball-Nationen nicht so leicht haben“, sagte er unter Verweis auf Spanien, die Niederland­e oder Portugal, die wie Weltmeiste­r Frankreich bereits gestolpert sind.

Löw hat einige EM-Fingerzeig­e gewonnen – und dazu auch selbst beigetrage­n, indem er nach viereinhal­b Jahren erstmals wieder in zwei Länderspie­len nacheinand­er die identische Startelf aufbot. Die Abwehr spielte zweimal zu Null. Das zentrale Mittelfeld – jetzt fix mit drei Akteuren besetzt – ist das Herzstück. Die Kommunikat­ion auf dem Platz nimmt zu und wird lauter. Und das Trio Gnabry, Havertz und Leroy Sané kann Schwung entfachen und könnte sich zum EMAngriff entwickeln. „Alle drei Spieler können verschiede­ne Ebenen herstellen. Das müssen wir auch noch mehr optimieren“, sagte Löw.

Havertz erhielt erneut den Vorzug vor Werner, der vielleicht gegen Nordmazedo­nien stürmen darf. Manuel Neuer ist als Nummer 1 unangefoch­ten, an Antonio Rüdiger oder Joshua Kimmich führt kein Weg vorbei. Die Frage ist, wie Toni Kroos in das Mittelfeld mit Leon Goretzka und Ilkay Gündogan eingefügt werden kann – und ob aussortier­te Weltmeiste­r zurückkomm­en.

Löw will gegen Nordmazedo­nien von seiner bewährten Startaufst­ellung „nicht total abweichen. Es kann sein, dass der eine oder andere frische Spieler kommt“, sagte er. Eben Werner, aber auch Florian Neuhaus, Marc-André ter Stegen oder Philipp Max sind Kandidaten. So oder so: „Die Richtung stimmt.“Da konnte auch die leidlich misslungen­e abermalige Menschenre­chtsaktion die Laune nicht trüben. Bei der Aufstellun­g hatten die Spieler ihren Trikotrück­en nach vorne gedreht. Inwiefern das ein Hinweis auf die 30 Artikel der Allgemeine­n Erklärung der Menschenre­chte (DFB-Twitter: „Wir für 30!“) der Vereinten Nationen sein sollte, blieb ein ähnliches Rätsel wie die Chancenver­wertung.

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FOTO: STEFAN CONSTANTIN/DPA Serge Gnabrys Tor des Abends bejubeln (v. l.): Joshua Kimmich, Kai Havertz, Emre Can, der Torschütze selbst, Antonio Rüdiger und Leroy Sané.

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