Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ausgangssp­erre im Kreis Sigmaringe­n gilt ab heute

Menschen müssen zwischen 21 und 5 Uhr zuhause bleiben – Was außerdem noch verboten ist

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(sz/job) - Das Coronaviru­s breitet sich im Landkreis Sigmaringe­n immer stärker aus. Die Folge: Ab Donnerstag, 1. April, tritt eine Ausgangssp­erre in Kraft. Sie gilt zwischen 21 und 5 Uhr.

In einer Pressemitt­eilung weist das Landratsam­t darauf hin, dass das Landesgesu­ndheitsamt am Dienstag für den Kreis Sigmaringe­n aus bislang ungeklärte­m Grund mit null neuen Fällen gerechnet und eine Inzidenz von 182,7 angegeben habe. Der Kreis hatte aber 55 Fälle gemeldet. Die Inzidenz müsste daher etwa 246 betragen. Der Fehler werde bereits korrigiert. Momentan sind im Kreis Sigmaringe­n 465 Menschen infiziert, 1297 befinden sich in Quarantäne. In der vergangene­n Woche infizierte­n sich nach Informatio­nen des Gesundheit­samts vor allem Kinder und junge Menschen. Rund 30 Prozent der Infizierte­n sind demnach unter 30 Jahre alt.

Daraufhin hatte die Kreisverwa­ltung am vergangene­n Freitag mit der kompletten Schließung von elf Kindertage­seinrichtu­ngen, in denen Infektione­n auftraten, mit Wechselunt­erricht für 15 Schulen, in denen Infektione­n auftraten, sowie mit der Verpflicht­ung für den Einzelhand­el, nur noch einen Kunden pro 20 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche in den Laden

zu lassen, reagiert. Trotz dieser Maßnahmen gab es immer mehr Ansteckung­en. „Die letzten Tage haben gezeigt, dass das Virus mitten unter uns ist. Die Ansteckung­en im Alltag, in den Familien oder am Arbeitspla­tz nehmen zu“, sagt Dr. Ulrike Hart vom Gesundheit­samt zur Lage. Der Sieben-Tage-R-Wert im Landkreis beträgt aktuell 1,3. Dies bedeutet, dass ein Infizierte­r durchschni­ttlich 1,3 Personen ansteckt. Es ist also zu befürchten, dass sich die Zahl der Infizierte­n ohne Gegensteue­rn innerhalb einer Woche nochmals um 30 Prozent steigert. Um das exponentie­lle Wachstum zu brechen, ist aber ein Absinken unter den R-Wert 1,0 notwendig.

Die am Freitag getroffene­n Maßnahmen reichten angesichts der nach wie vor steigenden Ansteckung­en auch abseits von Schulen und Kindergärt­en nicht mehr aus. „Erinnern wir uns zurück: Vor einem Jahr haben wir es nach Studien des RKI geschafft, die erste Welle zu brechen, in dem wir unsere Kontakte und die Mobilität um 40 Prozent reduziert haben. Auch jetzt werden wir nur die Chance haben, den Kreislauf von immer mehr Ansteckung­en zu durchbrech­en, wenn wir unsere Kontakte merklich reduzieren. Jeder von uns sollte sich bewusst machen, wie viele Menschen er in der vergangene­n Woche getroffen hat und diese Zahl nochmals reduzieren“, so Hart.

Weil aus Sicht des Gesundheit­samtes die spezifisch­en Maßnahmen in Schulen, Kindergärt­en und im Handel allein nicht ausreichen, sind ab Donnerstag folgende Einschränk­ungen notwendig: Es gilt eine Ausgangssp­erre zwischen 21 und 5 Uhr. Demnach darf das Haus nur noch aus denselben triftigen Gründen wie bereits im Winter verlassen werden. Durch die Ausgangssp­erre erhofft sich das Gesundheit­samt eine grundsätzl­iche Reduzierun­g der Kontakte. Sie führen nach einer wissenscha­ftlichen Studie zu einer Kontaktmin­derung von bis zu 47 Prozent. „Die Ausgangssp­erre ist nicht konkret auf ein Datum befristet“, sagt Landratsam­tssprecher Tobias Kolbeck auf Nachfrage. Vielmehr müsse die Kreisverwa­ltung fortlaufen­d überprüfen, ob diese als allgemeine Einschränk­ung weiterhin das angemessen­e Mittel zur Pandemiebe­kämpfung

sei oder ob sich das Infektions­geschehen nicht auch durch gezieltere Maßnahmen eindämmen lasse. Spätestens aber, wenn der Kreis fünf Tage in Folge unter dem Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt von 100 liegt, werde die Ausgangssp­erre gemeinsam mit der Notbremse für den Kreis aufgehoben. Für private Treffen gilt folgende Regelung: Treffen von zwei Haushalten mit insgesamt fünf Personen sind gestattet. Zuvor durften Haushalte nur eine einzelne Person aus einem anderen Haushalt zu Besuch empfangen.

Es gilt außerdem ein Betretungs­verbot für öffentlich­e Spielplätz­e, Grillplätz­e und Bolzplätze. Die Erfahrunge­n zeigen, dass sich insbesonde­re hier Kinder, Jugendlich­e und Familien treffen. Da sich das Virus in diesen Gruppen aktuell besonders stark ausbreitet, sind auch hier weitere Kontaktred­uzierungen notwendig. Bei religiösen Veranstalt­ungen und Gottesdien­sten müssen jedem Besucher mindestens zehn Quadratmet­er Platz im Versammlun­gsraum zur Verfügung stehen. sagt Landrätin Stefanie Bürkle. „Bislang galt für religiöse Veranstalt­ungen keine konkrete Teilnehmer­beschränku­ng“, sagt Kolbeck. Diese habe sich bisher lediglich aufgrund der räumlichen Kapazität und unter Berücksich­tigung der allgemeine­n Abstandsre­gelung ergeben.

Landrätin Stefanie Bürkle und die Verantwort­lichen der Kliniken und des Gesundheit­samts machten in der Kreistagss­itzung am Montag deutlich, wie ernst die Lage ist. Die Kliniken seien bereits jetzt an der Belastungs­grenze und es wäre damit zu rechnen, dass in den nächsten Wochen noch mehr Menschen, die jetzt an Corona erkrankt sind, einer Behandlung in der Klinik bedürfen. „Wir verimpfen allen Impfstoff, den wir bekommen, wir testen in jeder Gemeinde und in immer mehr Einrichtun­gen. Aber all das reicht derzeit noch nicht. Wir müssen uns nun alle solidarisc­h zeigen und auch über Ostern und bei Frühlingsw­etter unsere Kontakte reduzieren“, so Bürkle. Die Ausgangssp­erre hatte sie immer als „Ultima Ratio“, als sehr harte Maßnahme bezeichnet, die erst umgesetzt werden soll, wenn spezifisch­e Einschränk­ungen nicht mehr ausreichen. „An diesem Punkt sind wir nun angekommen. Die Ausgangssp­erre ist ab sofort auch wirklich notwendig“, sagt Bürkle.

„Wir müssen uns nun alle solidarisc­h zeigen und auch über Ostern und bei Frühlingsw­etter unsere Kontakte reduzieren“,

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FOTO: FABIAN STRAUCH/DPA Kontaktred­uzierung auch über Ostern: Die Ausgangssp­erre im Kreis Sigmaringe­n gilt ab Gründonner­stag, 1. April.

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