Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Linus Roth spielt Tänze aus aller Welt
Zu gern hätte Linus Roth, der in Ravensburg geborene und in Ertingen aufgewachsene Geigenvirtuose im vergangenen Mai sein erstes, von ihm verantwortetes Programm zum Schwäbischen Frühling in Ochsenhausen präsentiert. Corona kam dazwischen, doch der Künstler ließ sich nicht unterkriegen und verwandelte den prächtigen Bibliothekssaal stattdessen in ein Aufnahmestudio: Lieblingsstücke, Tänze aus aller Welt, reich an Farben, Emotionen und Effekten versammelt er gemeinsam mit seinem argentinischen Klavierpartner José Gallardo zu einem Reigen von „Virtuoso dances“.
Abheben gegen den Corona-Blues tut immer noch Not, und Linus Roth gießt ein Füllhorn der Geigenkunst aus. Das beginnt bei den rumänischen Volkstänzen von Béla Bartók, die so herzhaft und zugleich filigran klingen. Das mehrsätzige Divertimento von Igor Strawinsky scheint eine Theaterszene zu spiegeln, bald kurz angespitzt, bald leidenschaftlich. Mit dem „Grand Tango“von
Astor Piazzolla ehren Roth und Gallardo den großen Meister des argentinischen Tangos zum 100. Geburtstag. Zusammenspiel, Freiheit und Schicksalsklänge sind hier aufs Beste vereint.
Natürlich dürfen auch die fulminanten ungarischen Tänze von Johannes Brahms und eine funkelnde Konzertpolonaise von Henri Wieniawski nicht fehlen. Zuletzt breiten Roth und Gallardo die Farbpalette des polnischen Spätromantikers Karol Szymanowski aus, vom mystischen Abgrund zur Sinnlichkeit und Leidenschaftlichkeit einer Tarantella.
Ein breites Spektrum tut sich in diesem Album auf, mit leichter Hand, blitzsauber und musikantisch dargebracht. Und der Schwäbische Frühling kann hoffentlich diesen Mai erblühen. (gla)
Linus Roth (Violine) und José Gallardo (Klavier): Virtuoso Dances, Evil Penguin Classics 2021, 19,99 Euro.