Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Spagat zwischen Retten und Regeln
Notarztwagen stößt mit Auto zusammen – Worauf im Einsatz geachtet werden muss
- Ein Notarztwagen des Malteser Hilfsdiensts Sigmaringen ist am vergangenen Dienstagmorgen in Mengen beim Einsatz mit Martinshorn mit einem Auto zusammengestoßen. Der Fahrer des Notarztwagens soll laut Pressemeldung des Polizeipräsidiums Ravensburg an der Kreuzung Zeppelinstraße/Granheimer Straße der Autofahrerin die Vorfahrt genommen haben. Der Unfall ging glimpflich aus, der medizinische Notfall konnte bedient werden. Der Unfall hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Was dann?
„Der Notarztwagen war nach dem Unfall weiter fahrtüchtig, sodass die Fahrt fortgesetzt werden konnte“, sagt Fabian Vees, stellvertretender Leiter für Rettungsdienste bei den Maltesern in Sigmaringen. Eine Unfallflucht wurde nicht begangen, die Fahrerin wurde über die Dringlichkeit informiert. Der Notarztwagen
hätte nach dem Unfall aber auch liegen bleiben können. „Dann würden wir sofort den nächstgelegenen Notarztwagen alarmieren, was natürlich den Einsatz verzögert“, ergänzt Vees.
Das, was seinem Kollegen am Dienstag in Mengen passiert ist, kann heute, kann morgen, kann tagtäglich bei jedem Einsatz von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei der Fall sein. „Es ist ein Spagat, schnell am Einsatzort einzutreffen und gleichzeitig die Verkehrsregeln zu beachten“, sagt Gerd Will, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Sigmaringen. Auch die Fahrer des DRK sind vor solchen Unfällen nicht gefeit. Vor drei Jahren hatte der Fahrer eines Notarztwagens einem Rollerfahrer an der Kreuzung Gutenbergstraße/Störckstraße in Bad Saulgau die Vorfahrt genommen. Das Blaulicht war an, das Martinshorn aber aus. Der Rollerfahrer wurde mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht.
Das Verfahren wurde eingestellt. „Er war damals nicht zu schnell unterwegs und fuhr mit Maß und Ziel“, sagt Will.
Daniela Baier, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ravensburg, weist darauf hin, „dass die Fahrer von Einsatzfahrzeugen zwar ein Sonder- und Wegerecht haben, sie trotzdem an die Straßenverkehrsordnung gebunden sind“. Gerd Will spricht von einem Spagat, Daniela Baier von der „Crux der Sache“. „Im Einsatz kann zwar jede Sekunde Leben retten, aber die anderen Verkehrsteilnehmer dürfen trotzdem nicht gefährdet werden.“Es gehe darum, den Verkehr im Blick zu behalten. Der Fahrer muss bei Einsätzen sein Tempo reduzieren, wenn er zum Beispiel eine rote Ampel passiert. Laut Straßenverkehrsordnung dürfen Blaulicht und Martinshorn demnach nur dann verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Zur Schuldfrage des Verkehrsunfalls am Dienstag kann Baier keine Aussagen machen, weil ihr die Geschwindigkeit und das Fahrverhalten des Malteser-Fahrers nicht bekannt sind.
Das Martinshorn sei jedenfalls ein wichtiges akustisches Signal, „um von den anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen zu werden“, so Baier. Nur so könne gewährleistet werden, „dass eine Gasse gebildet wird oder eine Kreuzung frei gemacht wird“, ergänzt Baier. Man dürfe sich aber trotz Martinshorn nicht darauf verlassen, von den anderen Verkehrsteilnehmern gesehen zu werden. Fabian Vees kennt solche Situationen zu genüge. Die Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes würden entsprechend geschult werden. „Es ist von Vorteil, wenn die Verkehrsteilnehmer vor uns den Blinker setzen, um uns zu signalisieren, dass sie uns gesehen haben.“