Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Fehlende Medienkompetenz
Internetnutzern fällt es schwer, seriöse Informationen zu erkennen
(epd) - „Das hab’ ich aus dem Internet“, reicht vielen Menschen als Quellenangabe. Aber wer hat es geschrieben und mit welcher Absicht? Deutschen Internetnutzern fällt es einer Studie der Stiftung Neue Verantwortung zufolge schwer, Informationen im Netz zu bewerten und einzuordnen. Auch bei der Nutzung sozialer Medien fehle es oft an konkreten Kenntnissen und Fähigkeiten, um unabhängige Informationen etwa von Werbung zu unterscheiden oder Interessenskonflikte der Autorinnen und Autoren von Artikeln auszumachen.
Die Stiftung legte jüngst die Ergebnisse einer Erhebung mit dem Titel „Quelle: Internet?“vor, die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), und vom Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, unterstützt wird. Auch die Landesmedienanstalten von Nordrhein-Westfalen und Berlin-Brandenburg zählen zu den Unterstützern. Im Herbst 2020 waren von der Stiftung 4191 repräsentativ ausgewählte Nutzerinnen und Nutzer mit Internetzugang ab 18 Jahren befragt und getestet worden.
Die Autoren der Studie nennen als ein zentrales Ergebnis, dass Unterschiede
zwischen Desinformation, Information, Werbung und Meinung zum Teil nur schwer erkannt werden. Nur 23 Prozent der Befragten identifizierten der Erhebung zufolge eine als Werbung gekennzeichnete Angabe auch tatsächlich als Werbung. 56 Prozent hielten die Angaben fälschlicherweise für eine Information.
Zwar falle es vielen Befragten leicht, eine Quelle als vertrauenswürdig einzuordnen, hieß es. Aber Interessenkonflikte würden seltener erkannt. So erkannten demnach 65 Prozent der Befragten, dass der Geschäftsführer eines Flugreisenportals als Autor eines Beitrags zum Fliegen keine neutrale Quelle ist. Doch nur die Hälfte der Befragten habe auch den konkreten Interessenkonflikt benennen können.
Insgesamt hätten nur 22 Prozent der Befragten bei dem Test insgesamt hohe Kompetenzwerte erreicht, erklärten die Autoren. Von maximal erreichbaren 30 Punkten bei einer korrekten Beantwortung aller Fragen wurden im Durchschnitt lediglich 13,3 Punkte erreicht. Dabei liege ein Drittel der Befragten im Mittelfeld. Mit 46 Prozent fallen die meisten Befragten allerdings in den Bereich der geringen bis sehr geringen digitalen Nachrichten- und Informationskompetenz.
Die Kennzeichnungsstrategien von Social-Media-Plattformen zu Desinformationen beurteilte die Stiftung als bislang kaum wirksam. Maximal ein Viertel der Befragten habe eine solche Markierung als hilfreichen Hinweis identifiziert oder habe die Information richtig einordnen können.
Ein weiterer Befund der Erhebung ist, dass viele Userinnen und User an der Unabhängigkeit des Journalismus von der Politik zweifeln, wie die Autorinnen und Autoren erläutern. 25 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass Medien und Politik Hand in Hand arbeiteten, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren. 24 Prozent glauben demnach sogar, von Medien systematisch belogen zu werden.
Staatsministerin Grütters betonte, dass das Bewusstsein für den Wert seriöser und unabhängiger Informationen gestärkt werden müsse, „von der beruflichen Weiterbildung bis hin zur Erwachsenenbildung“. Das Verständnis und die Einordnung von Informationen seien die entscheidenden Voraussetzungen für demokratische Teilhabe und Mitwirkung an gesellschaftlichen Debatten.