Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bei den Ravensburger Schiedsrichtern endet eine Ära
Bei der Jahreshauptversammlung wurde Ralf Hübner verabschiedet – Toni Pfuhl ist sein Nachfolger
- Elf Jahre hat Ralf Hübner die Geschicke der Schiedsrichtergruppe (SRG) Ravensburg als Obmann geleitet. Bei der Hauptversammlung trat der 57-jährige Betriebswirt und Bankkaufmann nicht mehr zur Wahl an. Zu seinem Nachfolger wurde Toni Pfuhl gewählt, zuletzt zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Pfuhl ist zudem Vorstand beim SV Wolpertswende. Mehr als 100 Teilnehmer konnte der scheidende Obmann online begrüßen.
Im November 2013 hatte sich Hübner keine großen Gedanken darüber machen können, ob er in die Fußstapfen des langjährigen Obmanns Manfred Nunnenmacher treten möchte. Als Nunnenmacher nach langer Krankheit mit 73 Jahren verstarb, musste Hübner als Stellvertreter die Gruppe quasi über Nacht übernehmen. Am Ende seiner Amtszeit bescheinigten Hübner aber alle, dass er die Fußstapfen von Nunnenmacher allemal ausfüllte.
Eine schwere Erkrankung im Oktober 2018, „die mich beinahe das Leben gekostet hätte“, war für Hübner „mit ein Grund, nach acht Jahren aufzuhören“. In den 1990er-Jahren stand Hübner der SRG schon einmal drei Jahre als Obmann vor. „Schade, dass die Verabschiedung Hübners online geschehen musste. Eine Präsenzverabschiedung wird folgen“, versprach der Bezirksvorsitzende Nuri Saltik.
Hübner hat in seiner Amtszeit vieles auf den Weg gebracht: Etwa die Veranstaltung „Schiedsrichter im Dialog mit den Vereinen“sowie den Förderverein, den fast alle Vereine im Bereich der SRG Ravensburg finanziell unterstützen. Seit Herbst vergangenen Jahres hat sich die SRG zudem zwei Videoausrüstungen zum Coaching der Unparteiischen zugelegt. Die Spenden dazu akquirierte ausschließlich Hübner, dessen Steckenpferd die Förderung junger Schiedsrichter war. Beim Schussenpokal wurden so in den vergangenen Jahren ausschließlich junge Schiedsrichter eingesetzt. „Schön wäre es, wenn auch die zwei türkischen Vereine beim nächsten Neulingskurs jemanden hätten“, so Hübners abschließender Wunsch.
Saltik appellierte in der Onlinesitzung an die Schiedsrichter: „Bleibt eurem Hobby in schwieriger Zeit treu, der Fußball braucht euch.“Doch wann die 115 Schiedsrichter der
SRG Ravensburg, darunter fünf Frauen, wieder pfeifen dürfen, weiß im Moment niemand. Schwierig ist auch die Nachwuchssuche. „Virtuelle Neulingskurse machen keinen Sinn“, sagte Ralf Hübner. Dabei würden einige Vereine eigentlich mehr Unparteiische benötigen. Der TSV Berg etwa musste in der Saison 2017/ 18 mangels Schiedsrichtern 2406 Euro Strafe zahlen, der FV Ravensburg in der Saison 2019/20 sogar 3236 Euro. „Beim FV fehlt zudem eine Person, die sich um Schiedsrichter bemüht“, bemängelte Hübner, „Dank der guten Jugendarbeit und Klassenzugehörigkeit braucht der FV nun mal mehr Schiedsrichter.“
In den vergangenen sechs Jahren mussten die Vereine im Bereich der SRG Ravensburg wegen fehlender Schiedsrichter mehr als 35 000 Euro Bußgelder an den Württembergischen Fußballverband (WFV) überweisen. Geld, das der WFV wieder an die Vereine ausschüttet, die mehr Unparteiische haben als vorgeschrieben. „Die Anzahl der Schiedsrichter geht seit Jahren kontinuierlich zurück“, warnt Bezirksschiedsrichterobmann Joe Ringer. Hatte der WFV Ende 2010 noch 6854 Schiedsrichter, waren es Ende 2020 nur noch 6065 (davon 1060 passive Mitglieder). Jahr für Jahr hören mehr Schiedsrichter auf als neue dazukommen. „Diesen Trend gilt es zu stoppen“, sagte Ringer. Im Schnitt gewinnt der WFV pro Jahr durch Neulingskurse 700 Schiedsrichter. Im Corona-Jahr 2020 waren es nur 352. Die Hälfte aller Neulinge hört nach zwei Jahren wieder auf.
Der neue Obmann Toni Pfuhl, der bereits zehn Jahre Bezirksvorstand hinter sich hat, hat seinen Ausschuss auf sechs Personen reduziert. „Ich möchte lieber weniger Leute, die aber effektiv einsetzen“, meint Pfuhl, der bei der Onlinesitzung einstimmig gewählt wurde. „Konzentrieren wollen wir uns in erster Linie auf den Spielbetrieb. Es gilt, weiterhin jedes Fußballspiel zu besetzen“. Dabei kann sich Pfuhl auf seinen Vorgänger verlassen: Hübner wird der SRG Ravensburg – so es die Gesundheit zulässt – als Schiedsrichter erhalten bleiben.
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