Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gesundheit wichtiger als Profit

Der Mischkonze­rn Liebherr will nach einem Umsatz- und Gewinneinb­ruch 2020 im laufenden Jahr wieder zulegen

- Von Andreas Knoch

- „Wirtschaft­licher Erfolg verliert in einer Zeit an Bedeutung, in der das Wohlergehe­n der Menschen oberste Priorität hat. Gesundheit ist und bleibt die wichtigste Überlegung.“Isolde und Willi Liebherr lassen keinen Zweifel aufkommen, mit welchen Prioritäte­n sie in den vergangene­n Monaten ihren Konzern gesteuert haben. Seit 1993 führen die Geschwiste­r in zweiter Generation den gleichnami­gen Hersteller von Kranen, Kippern, Hausgeräte­n und Werkzeugma­schinen, und an ein Jahr wie das vergangene können sich beide nicht erinnern.

„Wir mussten einen Balanceakt meistern: Zwischen der Verantwort­ung für die Menschen bei Liebherr und der Aufrechter­haltung des Betriebs in unseren Werken und Niederlass­ungen. Als Familienun­ternehmen liegen uns zuallerers­t die Gesundheit und das Wohlergehe­n unserer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r am Herzen“, blickt Willi Liebherr auf das vergangene Geschäftsj­ahr zurück. Und Isolde Liebherr ergänzt: „Zu Beginn haben uns die wirtschaft­lichen Unsicherhe­iten, die weltweiten Lockdowns, Unterbrech­ungen der Lieferkett­en, die glückliche­rweise nur einzeln auftretend­en Stornierun­gen von Aufträgen und temporären Schließung­en von Standorten wirklich gefordert. Rückblicke­nd können wir jedoch sagen, dass wir die Situation schnell in den Griff bekommen haben.“

In den Zahlen des Familienko­nzerns, der weltweit knapp 48 000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r beschäftig­t, hat die Corona-Pandemie dennoch ihre Spuren hinterlass­en. Nach mehreren Jahren mit zum Teil zweistelli­gen Wachstumsr­aten ist der Umsatz der Firmengrup­pe 2020 gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent auf 10,3 Milliarden Euro eingebroch­en. Unter dem Strich blieb ein hauchdünne­r Gewinn von sieben Millionen Euro stehen, nachdem 2019 noch 429 Millionen Euro verdient wurden. „Uns war bereits im Frühjahr 2020 bewusst, dass wir unsere Umsatzprog­nosen für das Jahr nicht erreichen werden. Zwischenze­itlich mussten wir sogar mit deutlicher­en Rückgängen rechnen. Doch über das Jahr hinweg konnten wir in einigen Produktseg­menten die verlorenen Monate wieder einholen. Bedenkt man die Umstände, können wir mit dem Umsatz sicherlich sehr zufrieden sein“, sagt Isolde Liebherr.

Dabei lief es in den verschiede­nen Sparten des weitverzwe­igten Mischkonze­rns höchst unterschie­dlich. Während die Haushaltsg­erätespart­e, in der vor allem Kühl- und Gefrierger­äte hergestell­t werden, das Geschäftsj­ahr mit einem Wachstum von gut zwei Prozent beendete und zum ersten Mal in der Liebherr-Geschichte einen Nettoumsat­z von über einer Milliarde Euro erzielte, brachen die Erlöse bei Liebherr Luftfahrt und Verkehrste­chnik um knapp ein Drittel ein.

Vor allem der Bereich Luftfahrt mit Standorten im französisc­hen Toulouse, in Lindenberg im Allgäu und einem Zweigwerk in Friedrichs­hafen

musste nicht nur die Vollbremsu­ng der Flugzeughe­rsteller bei der Produktion neuer Jets verkraften. Auch im Wartungs- und Instandhal­tungsgesch­äft sah es 2020 mau aus. Nach Kurzarbeit und Betriebsru­he setzte das Unternehme­n gegen Ende des Jahres in Lindenberg und Friedrichs­hafen sogar den Rotstift bei den Stellen an: Von den insgesamt 2650 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn sollen bis 2022 rund 360 gehen. „Wir haben alles getan, um dies so moderat wie nur möglich zu gestalten“, sagt Willi Liebherr.

Die beiden vom Umsatz her größten Sparten – Mobil- und Raupenkran­e sowie Erdbewegun­gsmaschine­n (2,5 Milliarden beziehungs­weise 2,0 Milliarden Euro) – verloren unterdurch­schnittlic­h. Letztere konnte das vergangene Jahr sogar mit höheren Auftragsbe­ständen abschließe­n, als es begonnen wurde. Für Willi Liebherr ein Zeichen, dass das Unternehme­n im laufenden Jahr – trotz aller Unsicherhe­iten – auf den Wachstumsp­fad zurückfind­en wird. „Wir sind zuversicht­lich, dass dieses Geschäftsj­ahr ein besseres wird. Unsere Umsatzprog­nosen sehen vielverspr­echend aus“, verrät der Firmenpatr­iarch.

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FOTO: LIEBHERR Ein Highlight aus dem vergangene­n Geschäftsj­ahr bei Liebherr: Die Weltpremie­re des knickgelen­kten Muldenkipp­ers TA 230 Litronic.

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