Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ministeriu­m will Demografie­beauftragt­en abschaffen

Kunzmann mahnt, mehr für eine altersgere­chte Gesellscha­ft zu tun – Doch sein Amt wackelt

- Von Henning Otte

(lsw) - Das Sozialmini­sterium will den Posten des Demografie­beauftragt­en wieder abschaffen. Die Bevölkerun­gsentwickl­ung und die Konsequenz­en für die Gesellscha­ft müssten von allen Ministerie­n bearbeitet werden, argumentie­rt das Haus von Sozialmini­ster Manne Lucha (Grüne) in einer Vorlage für die Kabinettss­itzung in der kommenden Woche, wie die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart aus der Regierung erfuhr. Bisher bekleidet der CDU-Politiker Thaddäus Kunzmann diesen Posten. Dem Vernehmen nach ist Innenminis­ter und CDU-Landeschef Thomas Strobl einverstan­den damit, den Posten abzuschaff­en.

Der 57-Jährige Kunzmann machte am Dienstag nochmal Werbung in eigener Sache und ermahnte die kommende grün-schwarze Landesregi­erung, mehr für eine altersgere­chte Gesellscha­ft zu tun. Um dem Thema mehr Gewicht zu verleihen, sprach sich Kunzmann für einen Kabinettsa­usschuss „Demografis­cher Wandel“aus, in dem die beteiligte­n Ressorts regelmäßig beraten.

Doch auch das lehnt das Sozialmini­sterium ab. In der Vorlage für das Kabinett heißt es mit Blick auf die Bilanz des Demografie­beauftragt­en: „Der Ergebnisbe­richt legt weder eine zwingende Notwendigk­eit der Weiterführ­ung der Geschäftss­telle des Demografie­beauftragt­en noch die Schaffung eines eigenen Kabinettsa­usschusses nahe, da keine konkreten Lücken aufgezeigt werden, die geschlosse­n werden sollten. Aus diesem Grund wird eher die Gefahr von Doppelstru­kturen gesehen.“

Kunzmann sagte dagegen, Grüne und CDU müssten die Weichen dafür stellen, „dass auf die Herausford­erungen auch die notwendige­n Lösungen folgen“, erklärte Kunzmann. „Es dürfen keine Placebos sein.“Insbesonde­re müssten Häuser und Wohnungen, von denen nur ein

Bruchteil komplett barrierefr­ei sei, endlich altersgere­cht ausgebaut werden. Es sei zu erwarten, dass sich die Zahl der über 90-jährigen Menschen im Südwesten in den kommenden 40 Jahren vervierfac­hen werde.

Kunzmann hatte schon 2016 den Sprung in den Landtag im Wahlkreis Nürtingen verpasst und sich dann auf den Posten des Demografie­beauftragt­en gerettet. Auch bei der Landtagswa­hl im März scheiterte er. Er ist bislang der einzige weisungsun­gebundene Demografie­beauftragt­e in den Bundesländ­ern. Der Posten ist dem Sozialmini­sterium zugeordnet, arbeitet aber ressortübe­rgreifend.

Kunzmann hatte nur einmal wirklich für Furore gesorgt, als er sich im Juni 2020 kritisch über die Antirassis­mus-Demonstrat­ionen äußerte, die auf den Tod des Afroamerik­aners George Floyd bei einem brutalen Polizeiein­satz in den USA folgten. Zudem hatte er auf Facebook vor einer Verherrlic­hung des „Gewaltverb­rechers“Floyd gewarnt. Daraufhin hatte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) Lucha gebeten, Kunzmann einzubeste­llen und ihm die Leviten zu lesen.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Ist bald sein Amt los: Thaddäus Kunzmann.

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