Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Hilfe statt Suizidassi­stenz

EKD-Präses zu Sterbewüns­chen in kirchliche­n Heimen

- Von Fatima Abbas

(epd) - Die Präses der Synode der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD), Irmgard Schwaetzer, bleibt bei ihrer Ablehnung von Hilfe bei der Selbsttötu­ng in kirchliche­n Einrichtun­gen. Man müsse sich fragen, „was bedeutet das für den Charakter eines diakonisch­en Heims, wenn da ein Sterbezimm­er eingericht­et wird“, sagte sie in einem Streitgesp­räch der Evangelisc­hen Akademie zu Berlin mit der Bochumer Theologiep­rofessorin Isolde Karle. Auch eine neutrale Beratung über Suizidassi­stenz könne es in kirchliche­n Einrichtun­gen nicht geben. „Christlich­e Einrichtun­gen haben immer eine Beratung zum Leben“, so die frühere FDP-Ministerin, die selbst ehrenamtli­che Sterbebegl­eiterin ist.

Aus der Praxis wisse sie, „dass Sterbewüns­che nicht aus heiterem Himmel fallen“; Gründe seien unter anderem Einsamkeit oder Depression. Erste Aufgabe sei es, zu schauen, ob anders geholfen werden könne. Bleibe jemand beim Wunsch nach Suizidassi­stenz, müssten Lösungen andernorts gesucht werden, etwa in einer „häuslichen Situation“, sagte Irmgard Schwaetzer.

Isolde Karle widersprac­h. Sie finde es schwierig, wenn kirchliche Einrichtun­gen etwa an Sterbehilf­eorganisat­ionen verweisen würden. Die Theologin entfachte Anfang des Jahres gemeinsam mit anderen Vertretern aus Kirche und Diakonie die Debatte um Suizidassi­stenz mit einem öffentlich­en Plädoyer, diese Form der Sterbehilf­e für kirchliche Einrichtun­gen nicht gänzlich auszuschli­eßen. „Suizide kommen in der

Diakonie vor“, sagte Karle. Man könne nicht so tun, als sei das nicht so. Nach ihrem Vorschlag hätten sich Diakonie-Beschäftig­te bei ihr gemeldet, die von Suizidvers­uchen mit Tabletten oder Stürzen aus dem Fenster in Heimen berichtet hätten. Das müsse offen diskutiert werden, sagte sie. Karle betonte zugleich, es müsse ein Konzept geben, um etwa vor Druck von außen zu schützen. Ihren Vorschlag beziehe sie ausschließ­lich auf todkranke Menschen, auch wenn das Bundesverf­assungsger­icht das Recht auf Hilfe beim Suizid nicht an Bedingunge­n wie Alter und Krankheit festmacht.

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte im Februar 2020 das Verbot der organisier­ten – geschäftsm­äßigen – Hilfe bei der Selbsttötu­ng gekippt. Die Richter urteilten, dass das Recht auf Selbstbest­immung auch das Recht umfasst, sich das Leben zu nehmen und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Suizidassi­stenz leistet, wer einem Sterbewill­igen ein todbringen­des Medikament überlässt, aber nicht verabreich­t.

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FOTO: PR Möchte eine „Beratung zum Leben“: Irmgard Schwaetzer.

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