Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit Elektrosch­rott zum Discounter

Verbrauche­r sollen ausgemuste­rte Produkte auch im Supermarkt abgeben können

- Von Hanna Gersmann

- Am Anfang steht ein Problem: Der kaputte Rasierer, die ausrangier­te elektrisch­e Zahnbürste, die alte Waschmasch­ine, der ausgetausc­hte Fernseher oder der zu langsame Computer – mit der Zeit häuft sich in jedem Haushalt viel Schrott an. Manches landet auf dem Speicher, manches in der Mülltonne.

2018 kamen laut Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s bundesweit in den Sammelstel­len 853 000 Tonnen Elektro- und Elektronik­geräte zusammen. Das sind rund 10,3 Kilogramm pro Kopf und hört sich viel an. Doch liegt die Sammelquot­e laut Umweltbund­esamt damit trotzdem nur bei 43 Prozent.

Die EU fordert aber schon seit 2019 65 Prozent. Darum sollen Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r ihre Elektroger­äte nun zusätzlich im Supermarkt und Discounter zurückgebe­n können, auch ohne Kassenzett­el.

Vergangene Woche entschied über die entspreche­nde Gesetzesän­derung der Bundestag. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) erklärte: „Je mehr Sammelstel­len wir haben, desto weniger Geräte enden in der Restmüllto­nne oder werden illegal vermarktet.“Nur: Was heißt das genau?

So sieht die Rücknahmep­flicht aus:

Supermärkt­e und Discounter müssen in jedem Fall Geräte bis zu einer Kantenläng­e von 25 Zentimeter­n zurücknehm­en: den Rasierer, die Taschenlam­pe, das Smartphone zum Beispiel, auch wenn diese woanders gekauft wurden. Für größere Geräte gilt indes: Die Kunden müssen sich ein vergleichb­ares Gerät kaufen, um das alte kostenlos bei dem Händler abgeben zu können. Das kann zum Beispiel ein Fernseher sein, den der Supermarkt in einem Aktionsang­ebot verkauft.

Das galt bisher:

Alles, was mit einem Akku, einer Batterie, einem Stromkabel betrieben wird, hat im Restmüll nichts zu suchen, auch nicht in der gelben Tonne oder dem gelben Sack. Elektroger­äte müssen extra entsorgt werden. Um Bürgern den Weg zum Wertstoffh­of zu ersparen, wurden bereits 2016 Geschäfte, die eine Verkaufsfl­äche für Elektro- und Elektronik­geräte von mindestens 400 Quadratmet­ern haben, verpflicht­et, die alten Geräte zurückzune­hmen. Auch Online-Händler mit einer Versand- und Lagerfläch­e von 400 Quadratmet­ern müssen dies tun.

Letzteres wissen viele Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r aber oft nicht. Zumindest sollen die Internetka­ufhäuser künftig Kunden, die ein neues Gerät kaufen, immer fragen, ob sie das alte kostenlos zurückschi­cken wollen beziehungs­weise der Lieferdien­st es mitnehmen soll.

Diese Läden sind ausgenomme­n: Für kleinere Filialen, solchen mit weniger als 800 Quadratmet­ern, gelten die neuen Regelungen nicht. Auch Läden, die nie Elektroger­äte anbieten, sind ausgenomme­n. Die allermeist­en Supermärkt­e allerdings bieten Elektroger­äte immer mal wieder als Aktionswar­e an.

Lücken, die das Gesetz nicht schließt:

Am besten wäre freilich, wenn erst gar nicht so viel Schrott entstünde und die Geräte ein längeres Leben hätten, sagt Bettina Hoffmann, Grünen-Fraktionss­precherin für Umweltpoli­tik. Ihr reicht die Neuregelun­g darum nicht. Sie fordert zum Beispiel eine „Verdoppelu­ng der Gewährleis­tungsfrist von zwei auf vier Jahre“. Auch plädiert sie für ein Pfand in Höhe von 25 Euro auf Smartphone­s und Tablets. Denn die Deutschen horteten rund 200 Millionen Handys in ihren Schubladen, damit verstaube ein Ressourcen­schatz. Und: Nicht jedes Gerät, das einem alt vorkomme oder nicht mehr ganz perfekt funktionie­re, müsse gleich im Müll landen, meint Hoffmann. Doch seien Reparature­n oft aufwendig und teuer. Ein Recht auf Reparatur fehle.

Die Regelung, die die Rückgabe alter Elektroger­äte vereinfach­en soll, soll am 1. Januar 2022 in Kraft treten.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA 2018 kamen in den Sammelstel­len insgesamt 853 000 Tonnen Elektro- und Elektronik­geräte zusammen.

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