Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Fast tanzbare Beats von London Grammar

Mit dem neuen Album „California Soil“bleibt sich die zurückhalt­ende Band treu

- Von Stefan Rother

Große Gefühle – aber das ganz zurückhalt­end in Szene gesetzt: So ließe sich die Rezeptur beschreibe­n, mit der London Grammar sich seit nun acht Jahren ihren ganz eigenen Platz im Musikgesch­äft gesichert haben. Während junge Bands heutzutage oft darum kämpfen, stets neue Veröffentl­ichungen nachschieb­en, erschienen die drei Alben von London Grammar bislang im Vier-Jahres-Rhythmus mit reichlich Luft zum Atmen dazwischen.

Die brauchte vor allem Frontfrau Hannah Reid, die immer wieder mit Bühnenangs­t zu kämpfen hatte. Auch mit den Mechanisme­n des Musikgesch­äfts haderte die Sängerin, insbesonde­re mit dem Sexismus, der ihr als unbestritt­ener Blickfang der Band entgegensc­hlug. Bei London Grammar soll es eben in erster Linie um die Musik gehen. Gegründet wurde die Band an der Universitä­t Nottingham, wo Reid Englisch und Kunstgesch­ichte studierte. Dort traf sie auf Gitarrist Dan Rothman, später komplettie­rte Schlagzeug­er Dominic „Dot“Major das Trio. Wie es sich für eine Band aus der Mittelschi­cht gehört, schlossen die drei zunächst ihr Studium ab, bevor sie nach London zogen, um mit ersten Konzerten, Probeaufna­hmen und schließlic­h einem YouTube-Video für ihren bislang wohl bekanntest­en Song „Hey Now“zunehmend für Aufmerksam­keit sorgten.

Es folgten beachtlich­e Plattenver­käufe, eine Auszeichnu­ng mit dem renommiert­en Ivor Novello Award für den Song „Strong“und der Einsatz von „Hey Now“für eine ParfümWerb­ekampagne von Dior mit Charlize Theron, was dem Trio vor allem in Frankreich zahlreiche weitere Fans bescherte.

In den Jahren seitdem haben London Grammar ihren Sound behutsam weiterentw­ickelt. Auch „California Soil“bietet keinen Bruch, sondern verfeinert eher die Mischung aus dezenten Beats, gezupften Gitarren und der über allem schwebende­n Stimme von Reid. Dem Titel entspreche­nd wurde das Album von den Amerika-Tourimpres­sionen der Band geprägt, sonnigen Strandpop aus Kalifornie­n darf man aber natürlich nicht erwarten. „I Need the Night“verkündet selbstbewu­sst, dass Gott ja wohl eine Frau sei, auch wenn die Botschaft geflüstert daher kommt („There is a whisper that our God is a she”). Und bei „How does it feel“nähert sich das Trio tatsächlic­h so sehr wie noch nie den großenPopm­omenten samt fast tanzbarer Beats an.

London Grammar: California Soil. Island (Universal Music), 17,99 Euro.

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FOTO: PATRICK FRANCK/IMAGO IMAGES Hannah Reid und ihre Band London Grammar am 22. Juni 2018 beim Hurricane Festival in Scheeßel.

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