Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Muße statt Mast
Der Einharter Elmar Müller züchtet auch die bedrohte Schweinerasse Bunte Bentheimer
- Nur rund 600 Muttertiere der Rasse Bunte Bentheimer gibt es laut der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen derzeit in Deutschland. Zehn davon sind im Stall von Landwirt Elmar Müller in Einhart. Was ursprünglich als Hobby geplant war, entwickelt sich für ihn mittlerweile zu einem Nebenerwerb.
Als Müller einen Teil seines Betriebs aufgegeben hat, wollte er den frei gewordenen Platz im Schweinestall nicht ungenutzt lassen. Stattdessen sammelte er Informationen über seltene Rassen, fand Gefallen an den Bunten Bentheimern, die ursprünglich aus Norddeutschland stammen. Da sie auf der roten Liste als stark gefährdet eingestuft sind, wollte auch er einen kleinen Beitrag zum Erhalt leisten – als Hobby neben seinem Hauptberuf in der Schweinemast für das Hofglück-Programm von Edeka. So kamen im Frühjahr 2019 zwei gedeckte Jungsauen nach Einhart. Acht weibliche Tiere aus den Würfen behielt er, damit Duroc-Eber Bomber weitere Nachkommen zeugen kann. Denn in Bernhorst Koch aus Bodman hatte er durch Zufall einen Metzger gefunden, der Interesse an der Verarbeitung des selten gewordenen Fleisches hatte.
Landwirt Müller schätzt an den Bunten Bentheimern die pflegeleichte Haltung, die robuste und ruhige Art der Tiere. „Die anderen Schweine sind viel aufgeregter, wenn jemand in den Stall kommt. Die Bunten Bentheimer sehen das gelassener“, sagt Müller. In der Aufzucht bekommen die Tiere mehr Zeit und Platz. Den gewährt der Landwirt zwar auch seinen übrigen Hofglück-Schweinen, aber die Bentheimer sollen bewusst langsamer wachsen. Während in einer herkömmlichen Zucht ein Ferkel rund 26 Tage bei seiner Mutter bleibt, verbringen die Bentheimer sechs Wochen mit ihr. Dann bleiben sie noch rund sieben Wochen im Aufzuchtstall, ziehen mit rund 25 bis 30 Kilogramm in den Maststall etwas außerhalb von Einhart um, wo sie auch einen Auslauf haben. Zu Fressen gibt es eine hofeigene Mischung aus Weizen, Gerste, Hafer, Raps, Soja und Mineralfutter. „Bei Raps und Soja nehme ich nur zertifizierte europäische Ware, was den Preis für eine Dezitonne von 40 auf rund 70 Euro hochtreibt“, sagt Müller. Bei allen seinen Tieren ist dem Landwirt jedoch wichtig: Der Ringelschwanz bleibt dran. „Lieber sorge ich durch Futter und Umgebung dafür, dass sie sich nicht gestresst fühlen müssen“, sagt der Landwirt. Denn Stress sei in der Regel der Grund, weshalb die Schweine überhaupt gegenseitig an Ohr und Schwanz rumkauen würden.
Metzger Koch aus Bodman weiß bei der BentheimerRasse unter anderem das Fett zu schätzen. Dessen hoher technologischer Wert wirke sich etwa auf die Verarbeitung und Wurstproduktion aus. Aber es habe auch einen niedrigen Schmelzpunkt, was einen höheren Anteil an ungesättigten und somit gesünderen Fettsäuren bedeute. Das Fleisch beschreibt er als dunkler, fester und trocken. Trocken bezieht sich dabei allerdings auf die Eigenschaft, dass es seinen Fleischsaft beim Braten behält und das Wasser nicht wie sonst oft in der Pfanne verbrennt. Metzger Koch nimmt pro Woche zwei bis drei Bunte Bentheimer zur Verarbeitung an. Geschlachtet wird in Überlingen mit elektrischem Stromstoß. Müller vertreibt das Fleisch auch über seinen Hof, gibt aber erst ein weiteres Tier zur Schlachtung, wenn es genügend Vorbestellungen gibt. Ein Paket mit fünf Kilogramm Fleisch kostet rund 80 Euro. „Kollegen haben mir schon gesagt, dass das zu teuer ist. Angesichts der Gewissheit, dass die Tiere aus der Region sind und eine hochwertige Fleischqualität haben, ist es eigentlich günstig“, hält Müller dagegen.
„Die anderen Schweine sind viel aufgeregter, wenn jemand in den Stall kommt. Die Bunten Bentheimer sehen das gelassener“,
sagt Landwirt Elmar Müller.