Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Koalition bringt Notbremse auf den Weg

Proteste gegen verschärft­es Infektions­schutzgese­tz – FDP klagt in Karlsruhe

- Von Claudia Kling und Hajo Zenker

- Mit den Stimmen der Großen Koalition hat der Bundestag am Mittwoch die bundesweit­e CoronaNotb­remse beschlosse­n. Die leidenscha­ftlich geführte Debatte sowie die Abstimmung wurden allerdings von Protestdem­onstration­en rund um das Regierungs­viertel in Berlin begleitet. Die Änderungen am Infektions­schutzgese­tz geben dem Bund künftig die Befugnis, Kontaktbes­chränkunge­n und Schließung­en anzuordnen. Bislang sind die Bundesländ­er dafür zuständig. In Kraft treten kann dies jedoch frühestens ab Samstag. Bundesrat und Bundespräs­ident sind zunächst am Zug. Die Regelungen sollen bis Ende Juni gelten.

Laut Notbremse muss es ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfekti­onen auf 100 000 Einwohner zu Ausgangsbe­schränkung­en von 22 Uhr bis 5 Uhr kommen, Spazieren und Joggen sind bis Mitternach­t erlaubt. Schulen sollen ab der Inzidenz 165 schließen. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) verteidigt­e diese Neuregelun­gen als „verhältnis­mäßig und geeignet“, um die Zahl der Neuansteck­ungen

mit dem Coronaviru­s weiter zu reduzieren. Das Ziel sei nach wie vor, eine Überlastun­g des Gesundheit­ssystems zu verhindern.

Die Opposition kritisiert­e erhebliche Grundrecht­seinschrän­kungen. Die Grünen enthielten sich. FDP, Linke und AfD lehnten den Gesetzentw­urf ab. Die Liberalen kündigten zudem den Gang vor das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe an. „Die von der CDU, CSU und SPD beschlosse­nen Änderungen im Infektions­schutzgese­tz schießen weit über das Ziel hinaus“, sagte FDP-Innenexper­te Benjamin Strasser aus Berg bei

Ravensburg, der sich der Klage anschloss. Er halte die „Ausgangssp­erren für unverhältn­ismäßig und verfassung­swidrig“. Die Infektions­gefahr gehe vor allem von Innenräume­n aus und nicht von der Bewegung an der frischen Luft. „Die alleinige Sieben-Tage-Inzidenz wollten wir durch eine gewichtete Inzidenz ersetzen, die weitere Faktoren berücksich­tigt“, erklärte Strasser, etwa die Positivenq­uote der Testungen, die Anzahl der Geimpften und die tatsächlic­he Belastung sowie die Kapazitäte­n der Intensivst­ationen.

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