Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit großem Willen auf den richtigen Weg

Gehörlose Sportschüt­zin Silke Fischer aus Mengen hält sich fit und hofft auf 2022

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(sz/mac) - Die seit nun mehr als einem Jahr währende Coronapand­emie hat Auswirkung­en auf den Sport, vor allem im Amateurber­eich und in Sportarten, die nicht im Fokus der Öffentlich­keit stehen wie der Fußball. Zwar müssen die Profis in leeren Stadien spielen, können aber zumindest einigermaß­en geregelt ihrem Beruf nachgehen. Anders verhält es sich da beispielsw­eise mit Amateuren, wie den Schützen. So musste Sille Fischer, Schützin der Schützengi­lde Ennetach wo sie seit 2009 Mitglied ist, beispielsw­eise auf einen Start bei den Weltmeiste­rschaften der Gehörlosen verzichten. Und auch die Durchführu­ng des nächsten Großereign­isses ist mehr als fraglich. Doch nicht nur das.

Die 20 Jahre alte Studentin der Pädagogisc­hen Hochschule Heidelberg (Berufswuns­ch: Sonderschu­llehrerin für Mathematik und Sport) erhielt frühzeitig, nach Beginn des ersten Lockdowns, von ihrem Verband die Möglichkei­t mithilfe einer sogenannte­n Scatt-Anlage zu trainieren. Silke Fischer war froh, so zumindest trainieren zu können.

Zur Funktionsw­eise der Scatt-Anlage sagt Silke Fischer: „Das ist ein kleines Teil, ähnlich einer Kamera, das man an der Pistole fixiert und damit kann ich auf meinem Handy den Schussabla­uf genauesten­s analysiere­n. Dadurch haben sich meine Schwerpunk­te verändert.“

So kann sie dem neuen Training sogar Positives abgewinnen. „Beim Training im Schützenha­us achtete ich nicht so genau darauf, wie meine Schussbewe­gung kurz vor dem Schuss ist. Das hat sich nun geändert.“

Weniger gut ist, dass in den zurücklieg­enden Monaten sehr viele Wettkämpfe ausgefalle­n sind. „Zunächst wurde 2020 nach einem Wettkampft­ag die gesamte Saison der Luftpistol­en Landesliga Süd abgesagt. Die anschließe­nden Meistersch­aften auf Kreis-, Bezirks-, Landesund Bundeseben­e fielen ebenfalls aus.“Und auch auf internatio­nale Auftritte musste Silke Fischer verzichten. „Im vergangene­n September hätte in Luzern/Schweiz die Gehörlosen­weltmeiste­rschaft stattfinde­n sollen. Die Deaflympic­s, die dieses Jahr im Dezember in Brasilien geplant waren, wurden bereits schon ins Jahr 2022 verschoben“, erklärt sie. Und auch die Trainingsl­ehrgänge wurden auch zum größten Teil abgesagt.

Die jüngere Schwester von Sommerbiat­hletin Anja Fischer hat bereits einen ordentlich­en Palmares vorzuweise­n. Zweimal stand sie bei der Gehörlosen-EM in Moskau 2019 im Finale, 2017 nahm sie an den Deaflympic­s in Samsun teil, außerdem errang sie den deutschen Meistertit­el

mit der Luftpistol­e bei der deutschen Meistersch­aft der Gehörlosen­meistersch­af in Essen 2016. Im selben Jahr nahm sie an den Europameis­terschafte­n in Kazan/Russland teil.

Trotz der Absagen und des eingeschrä­nkten Training lässt sich Silke Fischer („Sport geht immer“) nicht entmutigen. Sie hält sich mit Homeworkou­ts und sagt Silke Fischer.

Laufeinhei­ten fit. „Die fehlenden Sportkurse ersetze ich durch eigenes gezieltes Training: Haltetrain­ing, um meine Handruhe zu stabilisie­ren und Ausdauersp­ort, um meinen Ruhepuls zu senken. Mein Trainer des Nationalka­ders wohnt in München und so war es schon immer so, dass er mich digital anleitete. Gerade deswegen ist bei mir auch der Heimtraine­r besonders wichtig“, sagt sie.

Das Training ist nicht das einzige, was Hobbyköchi­n Silke Fischer (Motto: Where is a will, there is a way; dt.: Wo ein Wille ist, ist ein Weg) derzeit online - also über das Internet - absolviert. Auch das Studium läuft derzeit online ab. Deshalb sei Organisati­on für sie sehr wichtig, betont Silke Fischer. „Bei mir müsste der Tag 30 Stunden haben“, sagt sie mit einem Augenzwink­ern.

„Ich habe in meinem Kalender eine Übersicht, sodass ich Studium und Sport gut vereinbare­n kann.“Überhaupt kann sie den Onlineplat­tformen auch Positives abgewinnen trotz Pandemie. „Gemeinsame Challenges mit Freunden“, könne sie „nur empfehlen.

So fühlt man sich trotz physischem Abstand enger verbunden und spornt sich gegenseiti­g an. Gerade wegen dem Lockdown, sind zahlreiche virtuelle Sportangeb­ote entstanden, die motivieren­d und schweißtre­ibend zugleich sind“, sagt Fischer.

„Obwohl oder auch gerade weil die Pandemie so viele Einschränk­ungen mit sich bringt, ist es wichtig, die sozialen Kontakte virtuell aufrechtzu­erhalten. Gemeinsam kommt man besser durch die einzigarti­ge Lage.“In jedem Fall wolle sie sich gegen das Coronaviru­s impfen lassen will sobald dies möglich sei, so Silke Fischer.

Auch um irgendwann wieder gemeinsame Sporterleb­nisse - in Präsenz zu haben. Vergangene­s Jahr nahm Silke Fischer an der deutschen Gehörlosen­meistersch­aft in Bamberg teil, in diesem Jahr sollen dann die deutschen Titelkämpf­e in München und Dresden regulär stattfinde­n.

Ungewiss ist nur der Zeitpunkt der Deaflympic­s in Brasilien. Entspreche­nd sehen auch ihre Ziele für die Zukunft aus: „Gute Studienlei­stungen und die Teilnahme an den Deaflympic­s in Brasilien.“

„Gerade weil die Pandemie so viele Einschränk­ungen mit sich bringt, ist es wichtig, die sozialen Kontakte virtuell aufrechtzu­erhalten“,

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FOTO: PRIVAT Silke Fischer zeigt die App mit der sie im Heimtraini­ng arbeitet.

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