Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bei jedem Lockdown steigt die Nachfrage
Wie die Notbetreuung in den Kindertageseinrichtungen der Region funktioniert
- Seit einer Woche, seit die Inzidenz der Covid-19-Infektionen in der Region weit über 165 liegt, sind auch die Kindertageseinrichtungen wieder geschlossen. Zum dritten Mal während der herrschenden Pandemie. Allerdings besteht die Möglichkeit einer „Notbetreuung“: Sind Eltern aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, sich tagsüber um ihr Kind – das sonst in einer Kindertageseinrichtung betreut wird – zu kümmern, kann es auf Antrag in Kindergarten oder -krippe gehen. Von Kindergärten in anderen Landkreisen ist zu hören, dass sie trotzdem nahezu „unter Volllast“arbeiten. Wie ist das in den Einrichtungen in Riedlingen, im Dreieck zwischen Langenenslingen, Bad Buchau und Zwiefalten?
Gemeinsam ist allen Einrichtungen, dass mindestens so viele Kinder an der Notbetreuung teilnehmen wie im ersten Lockdown im März des vergangenen Jahres, meist jedoch deutlich mehr. In den verschiedenen Einrichtungen in Bad Buchau und dem katholischen Kindergarten Uttenweiler sind etwa die Hälfte der Kinder in der Notbetreuung. In Riedlingen, sagt die Sachgebietsleiterin für Bildung und Betreuung der Stadt, Pia Reich, seien es „deutlich mehr“geworden, da wohl der Spielraum der anderen Betreuungsmöglichkeiten für die Eltern kleiner werde. Auch in Altheim, so die Leiterin der Einrichtung, Annett Barich, werden zunehmend mehr Kinder in die Notbetreuung aufgenommen; 28 – von 115 Kindern im Normalbetrieb – waren es in der vergangenen, der ersten Woche. Mit zunehmender Tendenz. Die Betreuungstage der Eltern seien wohl aufgebraucht. Für Langenenslingen spricht Bürgermeister Andreas Schneider als Träger der Einrichtungen hier und in Andelfingen ebenfalls von einer Zunahme: „In jedem Lockdown ist die Nachfrage nach der Notbetreuung deutlich gestiegen.“Auch für Unlingen sieht Heike Gebhart eine steigende Tendenz bei aktuell noch etwa einem Fünftel der „normalen“Auslastung. In Zwiefalten sind es dagegen ähnliche Zahlen in allen drei Zeiträumen.
Und: Die Mehrzahl der meist weiblichen Angestellten der Kindertageseinrichtungen sind geimpft – zumindest zum ersten Mal. Das, so Pia Reich, sei in Riedlingen unter anderem ein Grund für die Entscheidung gewesen, dieses Mal alle Einrichtungen für die Notbetreuung zu öffnen; beim ersten Lockdown waren die zu betreuenden Kinder im Kindergarten Regenbogen zusammengefasst worden. Die Kindertageseinrichtungen unter der Trägerschaft der Stadt Riedlingen arbeiten dieses Mal in einer „dezentralen Notbetreuung“und haben deshalb das gesamte Personal im Einsatz. In der Mehrzahl der angefragten Einrichtungen werden die Kinder ebenfalls in ihren gewohnten Gruppen und von den ihnen vertrauten Personen betreut.
Unterschiedlich gehandhabt werden die Bedingungen, unter denen ein Kind in die Notbetreuung aufgenommen werden kann – auch weil die Regularien sehr kurzfristig kamen und wenig präzise ausformuliert waren. Ermessensspielraum bleibt (siehe Kasten). So nehmen einige Einrichtungen das Kind auf, ohne auf einer Bestätigung des Arbeitgebers über die Unabkömmlichkeit des Elternteils zu bestehen. Andere nehmen nur Kinder zu exakt den Zeiten in Betreuung, zu denen der Arbeitgeber die Berufstätigkeit bestätigt. Die geforderten „schwerwiegenden Gründe“werden unterschiedlich ausgelegt. So sagt Klaus Schwenning, Hauptamtsleiter in Bad Buchau: „Jeder muss es für sich selber abwägen.“Auch im Hinblick auf dann eventuell erfolgende Ansteckungen des Kindes. „Zu den bekannten und etablierten Bedingungen“
werden Kinder in die Notbetreuung aufgenommen, wenn der Elternwunsch besteht. Jedoch mache die Leitung der Kindertageseinrichtung den Eltern in einem Beratungsgespräch deutlich, dass sie die „Betreuung“nur in Anspruch nehmen sollten, wenn „Not“sei. Eine schriftliche Bestätigung werde nicht eingefordert; bisher seien sie in Bad Buchau gut mit dieser Regelung gefahren.
Auch in Langenenslingen, sagt Bürgermeister Schneider, werde die Soll-Bestimmung großzügig ausgelegt; was maximal möglich sei, werde aufrechterhalten. Wenn die Eltern eine Notbetreuung bräuchten, werde nicht „auf das letzte Komma“geguckt. Die angesetzten Bestimmungen seien sehr kurzfristig – am Freitagnachmittag für den darauf folgenden Montag – kommuniziert worden.
In Altheim, sagt Annett Barich, werde ebenfalls großzügig entschieden: „Es läuft sehr viel über Vertrauen und Gespräche.“Sie setze auf Kooperation mit den Eltern: „erfolgversprechend.“Auch in Zwiefalten kennt Kindergartenleiterin Michaela Kruske die Situation in den Familien durch die regelmäßigen Kontakte. Sie sagt: „Es ist sehr belastend für alle.“Für Eltern, für Erzieher – und auch für die Kinder. Durch das viele Hin und Her, durch kurzfristig notwendige Entscheidungen, kämen alle an ihre Grenzen. „Es geht an die Substanz“, ergänzt Pia Reich.
Für die Kinder zu Hause gibt es jedoch in einigen der Kindertageseinrichtungen ein Highlight: „Corona-Päckle“heißt das in Unlingen, „Kindi-Post“in Riedlingen. Bastelanleitungen sind da drin, Gedichte, Lieder, Geschichten, Ausmalvorlagen – alles Dinge, die den Eltern die schwierige Phase mit den Kindern zu Hause erleichtern und dem Kind die langweilige Zeit ohne Spielkameraden verkürzen soll.