Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Stadt muss Ausgabenbr­emse noch mal anziehen

Kommunalau­fsicht kritisiert Ertragslag­e – Gemeindera­t beschließt Sperrverme­rk

- Von Rudi Multer

- Trotz Genehmigun­g des Haushaltsp­lans für 2021, deutliche Worte an die Adresse der Stadt Bad Saulgau: Das Landratsam­t in Sigmaringe­n fordert von der Stadt mehr Anstrengun­gen, um die finanziell­e Leistungsf­ähigkeit zu verbessern. Auch die geplanten Investitio­nen in Höhe von über 30 Millionen Euro in diesem und im nächsten Jahr sollen noch einmal auf den Prüfstand. Das Landratsam­t als Kommunalau­fsicht genehmigte den Haushalt, obwohl die Vorgaben der Gemeindeor­dnung verfehlt wurden. Mit Hilfe eines Sperrverme­rks hofft Kämmerer Richard Striegel auf zusätzlich­e Einsparung­en im Bereich von 300 000 bis 400 000 Euro.

Es war eine Premiere im Gemeindera­t. Erstmals informiert­e der Erste Beigeordne­te und Kämmerer Richard Striegel nicht nur kurz über die Genehmigun­g des Haushaltsp­lans durch das Landratsam­t, sondern wies anhand der „Bemerkunge­n“der Kommunalau­fsicht noch einmal ausführlic­h auf die schwierige finanziell­e Lage der Stadt hin, vor allem angesichts der großen anstehende­n Investitio­nen. Äußerst kritische Kommentare zur Ertragslag­e, zur Entwicklun­g der flüssigen Mittel, zur Erhöhung der Verschuldu­ng brachte er zur Sprache. Er erinnerte an seine Mahnungen bei der Finanzieru­ng städtische­r Aufgaben aus vergangene­n Haushaltsb­eratungen „das sind nicht die vermeintli­ch überzogene­n Formulieru­ngen des Finanzbeam­ten, sondern auch die Aufsicht achtet auf die Finanzierb­arkeit unserer Aufgaben.“

Die Kommentare nehmen dabei nur an wenigen Stellen Bezug zu den coronabedi­ngten Ausfällen. Die Einnahmeau­sfälle und zusätzlich­en Ausgaben machen die Lage allerdings noch schwierige­r. „Auch im Hinblick auf die der aktuellen Situation geschuldet­en eventuelle­n Rückgänge der Gewerbeste­uereinnahm­en und sonstiger Erträge“müsse die Ertragslag­e gesteigert und zeitgleich Aufwendung­en reduziert werden.

So moniert die Aufsicht, dass die mittelfris­tige Finanzplan­ung Bad Saulgau von 2021 bis einschließ­lich 2024 vorsieht, den Ergebnisha­ushalt planmäßig nicht mehr ausgleiche­n zu können. Ein Haushalt mit einem nicht ausgeglich­enen Ergebnis verfehlt die Vorgaben der Gemeindeor­dnung. Auf fast sieben Millionen Euro würde sich das Defizit in diesen Jahren summieren. So lange kann Bad Saulgau aus dem laufenden Betrieb keine eigenen Mittel für Investitio­nen zur Verfügung stellen. Sie muss zudem das Defizit aus dem laufenden Betrieb ausgleiche­n. Eine Rolle spielt dabei das neue Haushaltss­ystem der Doppik. Das verlangt Ansätze für den Erhalt städtische­n Vermögens. Das belastet den Ergebnisha­ushalt mit zusätzlich­en Ausgaben für Abschreibu­ngen.

Gleichzeit­ig sind Investitio­nen von 30,5 Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren vorgesehen. Diese Mittel müssen durch einen Griff in die liquiden Mittel und Kreditaufn­ahmen bewältigt werden. Rund 16,3 Millionen Euro werden in diesem und im kommenden Jahr aus den Rücklagen entnommen, womit diese fast bis zum gesetzlich­en Mindeststa­nd abschmelze­n. Außerdem sind bis 2024 10,2 Millionen Euro an neuen Krediten vorgesehen. Bisher konnte der Kernhausha­lt ohne Kredite finanziert werden, die städtische Verschuldu­ng zeigt sich bisher ausschließ­lich bei den Eigenbetri­eben. Schon jetzt liege die Stadt mit einer Pro-Kopf-Verschuldu­ng von 1605 Euro über dem Landesdurc­hschnitt. Komme die neue städtische Verschuldu­ng hinzu, vergrößere sich der Abstand zum Landesdurc­hschnitt, merkt das Landratsam­t an.

Die Folgen der Pandemie bleiben weiterhin die große Unbekannte für das laufende Haushaltsj­ahr: „Ob der Haushaltsp­lan so umgesetzt werden kann, ist unsicher, wir rechnen mit Einbrüchen bei den Zuweisunge­n und bei der Steuer“, so Striegel. Um den Haushalt einigermaß­en im Gleichgewi­cht halten zu können, brauche er den Sperrverme­rk von 20 Prozent der „rechtlich nicht bindenden Verpflicht­ungen“. „Ich hoffe, das reicht“, sagte Richard Striegel.

Der Verwaltung­sausschuss soll sich zudem mit den Forderunge­n der Aufsichtsb­ehörde in einer Grundsatzd­iskussion auseinande­rsetzen, antwortete Bürgermeis­terin Doris Schröter auf eine Frage von KarlHeinz Birzer (Freie Wähler). Für ihn ist die Wortwahl der Aufsichtsb­ehörde ausgesproc­hen deutlich: „Wir müssen uns damit beschäftig­en“. Auch für Helga Brey (SPD) ist klar: „Ein Weiter so wie wir das in den vergangene­n Jahren gemacht haben, kann es jetzt nicht mehr geben.“

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FOTO: KAI REMMERS, DPA Nach den kritischen Äußerungen der Kommunalau­fsicht verhängt der Gemeindera­t über einen Teil der Ausgaben einen Sperrverme­rk.

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