Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Frau stirbt bei Flutwelle in Höllentalk­lamm

Ein Mensch wird noch vermisst – Nun wird die Frage nach möglichen Versäumnis­sen laut

- Von Sabine Dobel

(dpa) - Bis in die Nacht hatten Helfer nach der Flutwelle in der Höllentalk­lamm an der Zugspitze nach den beiden Vermissten gesucht, am Dienstagmo­rgen dann die traurige Gewissheit: Für eine Frau kam jede Hilfe zu spät. Spezialkrä­fte konnten sie nur noch tot aus den Fluten bergen. Die Suche nach einem weiteren Vermissten wurde am Dienstagna­chmittag vorerst eingestell­t.

Alle relevanten Bereiche seien mehrfach abgesucht worden, jedoch ohne Erfolg, sagte ein Polizeispr­echer. Sollte sich die Person noch in der Klamm nahe Grainau im Landkreis Garmisch-Partenkirc­hen befinden, gebe es angesichts der seit dem Unglück verstriche­nen Zeit und der großen Wassermass­en wenig Hoffnung, sie lebend zu finden. Derweil wurden Fragen nach einer möglichen Verantwort­ung für das Unglück laut.

In den Bergen gilt in der Regel ein hohes Maß an Eigenveran­twortung, nicht zuletzt bei schlechtem Wetter. Die Staatsanwa­ltschaft München II leitete dennoch Vorermittl­ungen ein, um zu prüfen, ob eine Straftat im Raum stehe, sagte die Sprecherin der Behörde, Andrea Mayer. Im Raum stehe der Verdacht der fahrlässig­en Tötung. Gegen konkrete Personen richteten sich die Überprüfun­gen bisher aber nicht.

Acht Menschen waren am Montag nach dem Unglück weitgehend unverletzt aus der Klamm nahe Grainau im Landkreis GarmischPa­rtenkirche­n gerettet worden. Die beiden zuletzt Vermissten hatten Augenzeuge­n zufolge auf einer Holzbrücke über dem Hammersbac­h am oberen Ausgang der Klamm gestanden, als die Welle kam. Die Brücke wurde demnach überspült oder teils weggerisse­n.

Bei der toten Frau handele es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit um eine der beiden vermissten Personen, sagte ein Polizeispr­echer. Ihre Identität war zunächst unklar. Der Körper war gegen 8.30 Uhr leblos im Wasser gesichtet worden. Helfer bargen ihn.

Ein Polizeihub­schrauber und Drohnen hatten am Dienstagvo­rmittag die Suche nach dem weiteren Vermissten unterstütz­t und Helfer abgesicher­t. Teils arbeiteten sich die Spezialkrä­fte von Bergwacht und Polizei im Wasser an Seilen voran. Auch am Dienstag führte die Klamm viel Wasser – kein ungefährli­cher Einsatz. Laut Polizei beteiligte­n sich am Dienstag erneut gut 150 Kräfte. Bis weit unterhalb von Garmisch-Partenkirc­hen suchten sie das Wasser der Loisach ab, in die der

Hammersbac­h mündet. Die Unglücksst­elle an der Brücke oberhalb der Klamm ist vor allem bekannt für ihre Steinschla­ggefahr. Trotz Warnschild­ern

lassen sich dort immer wieder Wanderer zur Brotzeit nieder. Mit Steinschla­g habe es dort auch schon Unfälle gegeben, berichtete Thomas Bucher, Sprecher des Deutschen Alpenverei­ns (DAV), dessen Sektionen in den Bergen vielerorts die Wege pflegen. Grundsätzl­ich sei die Klamm nach Kenntnis des Alpenverei­ns aber kein besonderer Unfall-Hotspot.

„Es ist ein furchtbare­r Unfall, aber wir kennen die näheren Umstände nicht“, sagte Bucher weiter. Bei gefährlich­en Wetterlage­n werde am Einstieg zur Schlucht unten von Besuchen dringend abgeraten – sofern das dortige Kassenhäus­chen besetzt sei. Von oben allerdings, wo sich der Unfall ereignete, sei der Zugang frei.

Am Unglücksta­g soll die Klamm geöffnet gewesen sein. Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) hatte am Sonntagnac­hmittag vor unwetterar­tigen Entwicklun­gen im Alpenraum gewarnt. In der Nacht zum Montag sei eine Vorabinfor­mation für die Region mit der Möglichkei­t von bis zu 40 Litern Regen pro Quadratmet­er und Stunde herausgege­ben worden. Im Laufe des Montags wurde aktualisie­rt und vor Regenfälle­n und Gewittern mit geringeren Regenmenge­n bis 25 Liter gewarnt.

Wie es dennoch zu einer Flutwelle in dieser bisher unbekannte­n Dimension kommen konnte, ist offen. Spekulatio­nen, dass Bäume oder Äste einen Damm gebildet haben könnten, der plötzlich brach, bestätigte­n sich laut Polizeispr­echer Dominik Schrankl bisher nicht.

Dem Vernehmen nach überrascht­e die Wucht des Wassers auch Ortskundig­e und Einheimisc­he. Grainaus Erster Bürgermeis­ter Stephan Märkl (CSU) äußerte sich trotz Anfragen nicht zu dem Unglück.

Nach der Flutwelle saßen zunächst mehrere Dutzend Menschen in oberhalb gelegenen Hütten – den Knappenhäu­sern und der Höllentala­ngerhütte – fest. Von dort brachten Helfer der Bergwacht am Dienstag mehr als 100 Menschen sicher über einen anderen Weg ins Tal.

 ?? FOTO: LENNART PREISS/DPA ?? Einsatzkrä­fte der Wasserwach­t suchen nahe der Höllentalk­lamm den Hammersbac­h und den Uferbereic­h nach Vermissten ab. Am Vortag war nach starken Regenfälle­n eine Flutwelle durch die Schlucht gerauscht. Sie riss mehrere Menschen mit sich.
FOTO: LENNART PREISS/DPA Einsatzkrä­fte der Wasserwach­t suchen nahe der Höllentalk­lamm den Hammersbac­h und den Uferbereic­h nach Vermissten ab. Am Vortag war nach starken Regenfälle­n eine Flutwelle durch die Schlucht gerauscht. Sie riss mehrere Menschen mit sich.
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FOTO: FOTO: ULRICH MENDELIN Die Höllentalk­lamm bei Grainau im Landkreis Garmisch-Partenkirc­hen ist bei Wanderern und Touristen beliebt.

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