Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Abgeordnet­e sehen weiteren Aufklärung­sbedarf

Bundesnach­richtendie­nst wegen Afghanista­n in der Kritik

- Von Claudia Kling und Agenturen

- Wer trägt die Verantwort­ung für das Afghanista­n-Debakel? Seit Tagen steht die Frage im Raum, wie es passieren konnte, dass die radikal-islamische­n Taliban dermaßen unterschät­zt wurden. Mit dieser Frage beschäftig­ten sich am Donnerstag auch die Parlamenta­rier in Berlin – zuerst in einer Sitzung des Parlamenta­rischen Kontrollgr­emiums, dann bei einer Sondersitz­ung des Innenaussc­husses. Die Rolle der Geheimdien­ste stand dabei unter anderem im Fokus – liefern doch sie die Berichte, die ein Teil jener Basis sind, auf der politische Entscheidu­ngen getroffen werden.

Ein Ergebnis der Debatten: Rücktritts­forderunge­n gibt es bislang nur vereinzelt. In der Kritik stehen vor allem Außenminis­ter Heiko Maas (SPD), Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU). Aber auch die Verantwort­ung des Präsidente­n des Bundesnach­richtendie­nstes (BND), Bruno Kahl, wird zunehmend hinterfrag­t – er musste sich dem Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium (PKGr) stellen. Die zuständige­n Behörden hätten deutlich gemacht, dass nach ihren Erkenntnis­sen die jüngsten Entwicklun­gen in Kabul und in Afghanista­n nicht absehbar waren, sagte Ausschussc­hef Roderich Kiesewette­r (CDU) im Anschluss. Gründe für einen Rücktritt von Kahl sieht Kiesewette­r nicht.

Die Grünen dringen auf weitere Aufklärung. Der Innenexper­te Konstantin von Notz, der ebenfalls im PKGr sitzt, sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, die Große Koalition habe offenbar nicht erkannt, dass die Ereignisse in Afghanista­n „sich in einer nicht antizipier­ten Schnelligk­eit fortentwic­kelt haben“. „Daraus leiten sich diverse Folgefrage­n ab, die derzeit noch unbeantwor­tet sind“, so von Notz. Er sprach sich dafür aus, die maßgeblich­en Ausschüsse bald wiedereinz­uberufen, um die Verantwort­lichkeiten aufzukläre­n.

Der Heilbronne­r Abgeordnet­e Alexander Throm, Obmann der Unionsfrak­tion im Innenaussc­huss, kommt zu dem Schluss, dass der „Kampfes- und Freiheitsw­illen der Afghanen“falsch eingeschät­zt worden sei. „Aber letztlich kommt es auf die Einschätzu­ng des Außenminis­teriums an. Und das hatte auch andere Quellen als die Geheimdien­ste.“

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Entwicklun­g in Afghanista­n falsch eingeschät­zt: BND-Präsident Bruno Kahl musste sich im Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium äußern.

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