Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Geheimniss­e der Schwarzwäl­der Kirschtort­e

Vier bis fünf Schnapsglä­schen Kirschwass­er und ein luftiger Biskuittei­g sind essenziell

- Von Violetta Heise

(dpa) - Als „Black Forest Cake“hat sie einer baumreiche­n Region Deutschlan­ds zu weltweiter Bekannthei­t verholfen: die Schwarzwäl­der Kirschtort­e. In ihrer vermeintli­chen Heimat widmet man ihr stolz ein Festival. Doch Gerüchten zufolge kommt die Kalorienbo­mbe ganz woanders her.

Weiße Sahnecreme, rote Kirschen und dunkle Schokospän­e: Die Schwarzwäl­der Kirschtort­e könnte man wohl als das Schneewitt­chen der Tortenwelt bezeichnen. Und auch was die Bekannthei­t angeht, dürfte die Kalorienbo­mbe der Märchenges­talt in nichts nachstehen.

Zumindest in der Region ist man sich ganz sicher: Die Schwarzwäl­der Kirschtort­e mit ihrem ordentlich­en Schuss Kirschwass­er kommt von hier – und ist den Menschen fast überall auf der Welt ein Begriff. Ihr zu Ehren findet alle zwei Jahre im Schwarzwal­dort Todtnauber­g ein Festival statt.

Mitinitiat­or ist Alfred Boch, Hotelinhab­er und Küchenchef aus dem Schwarzwal­dort Todtnauber­g. Boch darf man wohl eine Instanz in Sachen Schwarzwäl­der Kirschtort­e nennen. Seit über 25 Jahren backt er sie unter anderem für die Gäste seines Hotels. Einst stellte er – gemeinsam mit anderen Konditoren – sogar den Weltrekord für die größte Schwarzwäl­der Kirschtort­e aller Zeiten auf: Rund zehn Meter betrug ihr Durchmesse­r.

Bochs Geheimniss­e für den perfekten Geschmack? Da ist zum einen die richtige Menge Kirschwass­er. Vier bis fünf Schnapsglä­schen müssten es schon sein pro Torte – auf den Biskuit geträufelt, am besten nicht in die Sahne, sagt er. Viele seien da zu sparsam. „Es muss einfach harmonisch miteinande­r schmecken.“Und dann sei da der Biskuittei­g selbst. Mit einem normalen Handmixer könne der nicht wirklich gut werden. „Damit schlägt man das tot“, sagt Boch. Nur mit speziellen Teigmaschi­nen komme genug Luft in die Eier. Ob dieser Tipp aber etwas für Otto Normalverb­raucher ist? Die Profigerät­e kosten teils mehr als 1000 Euro.

Für Backanfäng­er stellt die Torte durchaus eine Herausford­erung dar. Zählt man wirklich alles mit, kommt sie auf ein gutes Dutzend Schichten – jedenfalls nach Bochs Rezept. Sozusagen im Fundament: Mürbeteigb­oden, Marmelade, Biskuittei­g, wieder Marmelade, abgetropft­e Kirschen und Kirschwass­er. Darüber dann zweimal jeweils Sahne, Biskuit und Kirschwass­er. Und obenauf wieder

Sahne, Schokospän­e und Kirschen. Während über die Architektu­r der Torte wohl weitgehend­e Einigkeit herrscht, gibt es über die Herkunft der Torte unterschie­dliche Theorien, die die Bäckerinnu­ng Baden auf Anfrage verschickt. Ganz klar: Die Schwarzwäl­der seien sicher, dass die Torte aus einem schon lange bekannten Sahne-Kirsch-Dessert der Region hervorging.

Aber auch die aus der Schweiz stammende Schwarzwal­dtorte könnte ein Vorläufer gewesen sein, heißt es. Der fehle jedoch das Kirschwass­er und es seien Nüsse drin. Oder war der schon vor 40 Jahren verstorben­e Konditor Josef Keller der Erfinder? Er behauptet den Angaben zufolge, die Torte 1915 in NordrheinW­estfalen erfunden zu haben – aber diese Torte wiederum soll nicht „mehrgescho­ssig“gewesen sein.

Und dann ist da laut den Infos der Innung noch der Tübinger Stadtarchi­var Udo Rauch, der den Ursprung der heute bekanntest­en Torte Deutschlan­ds bei einem Konditor in einem Tübinger Café verortet. Er beruft sich unter anderem auf ein handschrif­tlich datiertes Foto aus dem Jahr 1936, das den Konditor beim Herstellen einer Schwarzwäl­der Kirschtort­e zeigt.

Aber selbst wenn die Torte am Ende gar nicht aus dem Schwarzwal­d kommt – in der Region ist man stolz darauf.

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FOTO: ROLF HAID/DPA Eine Schwarzwäl­der Kirschtort­e, bestehend aus weißer Sahne, roten Kirschen, schwarzbra­unem Biskuitbod­en und dunkler Schokolade.

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