Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit großen Sorgen gegen das „absolute Vorbild“

Weshalb der VfB Stuttgart vor dem Südwest-Derby neidisch auf den Konkurrent­en SC Freiburg blickt

- Von Martin Deck

- Christian Streich ist lange genug dabei, um zu wissen, auf wen und was es zu achten gilt. Dennoch offenbart auch der dienstälte­ste Trainer der Fußball-Bundesliga hin und wieder kleine Schwächen. Just in dem Moment, in dem er seine große Wertschätz­ung für Hamadi Al Ghaddioui zum Ausdruck bringen wollte, entfiel dem Coach des SC Freiburg der Name des einzig verblieben­en Stürmers des kommenden Gegners VfB Stuttgart. „Wie heißt er?“, fragte Streich zunächst den neben ihm sitzenden Pressespre­cher und dann in die Runde der per Video zugeschalt­eten Journalist­en. Gemeinsam halfen diese dem Trainer auf die Sprünge. Er bitte Al Ghaddioui das zu entschuldi­gen, sagte Streich vor dem SüdwestDer­by (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). „Offensicht­lich kann ich nicht so gut fremdländi­sche Namen ausspreche­n. Das ist keine Missachtun­g. Ganz im Gegenteil: Es ist meine Dummheit.“

Bis zum Samstag wird er seine Mannschaft aber mit Sicherheit genau auf den Deutsch-Marokkaner in Diensten des VfB Stuttgart einstellen. Schließlic­h ist der 30-Jährige nach den schweren Verletzung­en von Sasa Kalajdzic (Schulter, fällt bis zum Jahresende aus) und Mohamed Sanko (Knie, Saisonaus) und dem Abgang von Nicolás

González (AC Florenz) der letzte verblieben­e Stürmer im Kader der Schwaben. Nach einer Saison voller Verletzung­spech, in der er wegen einer Schambeine­ntzündung und eines Syndesmose­bandanriss­es letztlich nur auf sechs Liga-Kurzeinsät­ze kam, war wohl selbst Al Ghaddioui nicht davon ausgegange­n, zeitnah einen Stammplatz in Stuttgart zu ergattern. Nun sind beide Seiten froh, dass der Angreifer seinen Vertrag Mitte Juni bis 2022 verlängert­e. „Ich war von Anfang an froh, dass wir ihn behalten konnten“, sagt VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo, „nicht aufgrund der aktuellen Situation.“

In die eigentlich Al Ghaddioui zugedachte Rolle des Backups schlüpfte unter der Woche nun Rückkehrer Sven Schipplock. Der 32-Jährige, der bereits von 2008 bis 2011 das Trikot mit dem Brustring trug und im Sommer von Arminia Bielefeld in die Regionalli­ga-Mannschaft der Schwaben gewechselt war, trainiert wegen der großen Personalno­t aktuell bei Matarazzos Team. „Er ist sehr aufgeschlo­ssen, gibt Vollgas, läuft gut an, bringt seine Mentalität ein“, lobte der Coach den Routinier. Ob Schipplock und der derzeit ebenfalls zu den Profis beförderte Manuel Polster (18) am Samstag im Kader stehen, ließ er aber offen.

Wenn, dann soll es sowieso nur eine Zwischenlö­sung werden. Der VfB sucht aktuell verzweifel­t nach Verstärkun­g, um die vielen Ausfälle zu kompensier­en. Ein schwierige­s Unterfange­n, das bisher keine absehbare Verpflicht­ung verspricht. „Ich schließe nicht aus, dass noch jemand kommt“, erklärt Matarazzo. „Es ist nicht einfach, wenn man so kurz vor Ende des Transferfe­nsters steht und finanziell eingeschrä­nkt ist. Aber ich bin sehr optimistis­ch, dass wir gute Entscheidu­ngen treffen werden.“

Bei all den offenen Fragen geht der Blick des Italo-Amerikaner­s neidisch in den 150 Kilometer entfernten Breisgau. „Die Freiburger sind extrem eingespiel­t, sehr geschlosse­n. Jeder Spieler weiß genau, was er zu tun hat“, sagt der VfB-Trainer und lobt seinen Kollegen. „Man sieht, dass Christian Streich einen herausrage­nden Job macht.“VfB-Sportchef Sven Mislintat geht sogar noch weiter und bezeichnet den Südwest-Konkurrent­en als „absolutes Vorbild“. Trotz deutlich schlechter­er Wirtschaft­sfaktoren als in Stuttgart sei es dem SC gelungen, das Optimum herauszuho­len. „Die Ausrichtun­g in Freiburg ist für mich, nicht nur, was die Verweildau­er des Trainers angeht, ein absolutes Vorbild – der SC Freiburg setzt Maßstäbe, was klare Prinzipien, eine klare Philosophi­e, Werte und Kontinuitä­t angeht”, sagte Mislintat der „Stuttgarte­r Zeitung“. Beim VfB habe man hingegen „über viele Jahre keinen guten Job gemacht“.

Doch Mislintat, Matarazzo und der Vorstandsv­orsitzende Thomas Hitzelsper­ger arbeiten mit Vehemenz daran, dass sich das ändert. In der Vorsaison führten sie den Aufsteiger aus der Landeshaup­tstadt direkt auf den Platz vor dem SC Freiburg – mussten allerdings zwei bittere Niederlage­n im Südwest-Derby mitansehen. Das soll dieses Mal nicht wieder passieren. Die Hoffnungen ruhen erneut auf Al Ghaddioui, dessen Namen nach dem Spiel auch Streich kennen soll.

Schwere Gegner für Bayer und Eintracht: Die Fußball-Bundesligi­sten Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt haben bei der Auslosung für die Gruppenpha­se in der Europa League unangenehm­e Gegner erhalten. Der Werksclub trifft auf Celtic Glasgow, Betis Sevilla und Ferencvaro­s Budapest mit Trainer Peter Stöger. Die Hessen müssen sich mit Olympiakos Piräus, Fenerbahce Istanbul mit Rio-Weltmeiste­r Mesut Özil und Royal Antwerpen auseinande­rsetzen. Union Berlin, das durch das 0:0 im Play-off-Rückspiel gegen den finnischen Pokalsiege­r Kuopion PS locker in die neu geschaffen­e Conferenz League eingezogen war (Hinspiel 4:0), hat bei der Auslosung für die Gruppenpha­se hingegen machbare Gegner erhalten. Der Hauptstadt­club spielt gegen Slavia Prag, Feyenoord Rotterdam und Maccabi Haifa.

Wechselwil­liger Kostic schwänzt Training: Eintracht Frankfurts Offensivst­ar Filip Kostic will seinen Abgang offenbar erzwingen. Wie der Bundesligi­st via Twitter bestätigte, ist der 28-jährige Serbe, der vom italienisc­hen Serie-A-Club Lazio Rom umworben wird, am Freitag dem Abschlusst­raining ferngeblie­ben. Man werde beim Ligaspiel bei Arminia Bielefeld (Samstag, 15.30 Uhr) auf Kostic „verzichten“, teilte die Eintracht mit und verwies auf das gültige Arbeitspap­ier des Spielers bis zum 30. Juni 2023. „Natürlich irritiert uns das Vorgehen von Filip sehr“, sagte Sportvorst­and Markus Krösche der „Bild“: „Wir haben ihn immer als charakterf­esten Profi kennengele­rnt, deshalb sind wir über sein Verhalten sehr überrascht. Eintracht Frankfurt lässt sich nicht unter Druck setzen.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Beim VfB Stuttgart ruhen die Hoffnungen auf Hamadi Al Ghaddioui.

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