Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Auf dem Weg zurück zu altem Glanz und gutem Ton
Der Sigmaringer Alfred Herriegel ist einer der letzten Metallblasinstrumentenmacher in der Region
- Was wäre wohl ein Jazzabend ohne Saxophonist oder der Radetzky-Marsch ohne Unterstützung von Horn, Trompete und Tuba? Wahrscheinlich etwas fad, womöglich ein Hörgenuss mit Abstrichen. Damit so etwas nicht vorkommen muss, gibt es Menschen wie Alfred Herriegel. Metallblasinstrumentenmachermeister. Sie bauen, reparieren und pflegen.
„Inzwischen mache ich hauptsächlich Reparaturen.
Der Neubau in Handfertigung ist für viele zu teuer geworden, das möchte sich kaum noch jemand leisten“, sagt Alfred Herriegel. 1977 hat der heute 60-Jährige mit dem Handwerk des Metallblasinstrumentenbauers begonnen. Auf die Ausbildung bei einem größeren Unternehmen folgte die Meisterprüfung. Herriegel lernte von der Pike auf, wie Stück für Stück aus einem Stück Messingblech ein Blechblasinstrument entsteht.
Für die Meisterprüfung und spätere Kundenbestellungen „habe ich bei den Instrumenten bis auf die Ventilmaschinen eigentlich alles selbst gemacht“, so Herriegel – der auch immer wieder sein eigener Kunde war: „Natürlich habe ich mir auch selbst Instrumente gebaut. Darunter eine Bass- und eine Barockposaune.“In Sigmaringen tätig ist der aus Mühlacker stammende Herriegel seit 1987. „Instrumente habe ich schon vor meiner Tätigkeit gespielt. Das ist wohl auch eine Voraussetzung dafür, den Beruf auszuüben. Vom Prinzip her kann ich jedes Blechblasinstrument spielen, denn hauptsächlich unterscheiden sie sich lediglich durch das Mundstück und die Größe“, gibt der Fachmann zu verstehen.
Rückblickend auf rund 40 Jahre im Handwerksgeschäft hat sich viel verändert, so Herriegel. „Früher wurden Mundstücke noch an der Drehbank gemacht, heute übernimmt das eine CNCFräse. Klar, es ist ein alter Handwerksberuf, aber manche Maschinen vereinfachen einiges.“Wahrscheinlich auch einer der Gründe, wieso viele Musikinstrumente nicht mehr aus Handwerksbetrieben, sondern von großen Firmen stammen. „Für den Bau einer Trompete braucht ein Handwerker bis zu 80 Stunden, der Verkaufspreis liegt dann bei 3000 Euro aufwärts – was dennoch nichts im Vergleich zu einer Geige ist. Die haben schon immer mehr gekostet“, sagt Herriegel.
„Nachdem ich mit dem Musikgeschäft angefangen habe, hat sich schnell gezeigt: ich kann nicht nur Blechblasinstrumente machen“, so der 60-Jährige, der in seinem Laden an der Sigmaringer Mühlbergstraße Kunden auch andere Instrumente anbietet. Vor einiger Zeit haben gesundheitliche Gründe Herriegel gezwungen, etwas kürzer zu treten, die Öffnungszeiten seines Ladens haben
Die letzten ihrer Art sich verändert und „während Corona kam beispielsweise reparaturmäßig so gut wie gar nichts rein. Letztendlich an die 95 Prozent Einbußen im Vergleich zu ähnlichen Zeiträumen in den vergangenen Jahren“, sagt Herriegel.
Da in den vergangenen Monaten so gut wie keine Konzerte oder Proben von Musikern und Vereinen stattgefunden haben, blieb in Herriegels Werkstatt das Licht aus. „Eine typische Reparatur ist das Ausbeulen von Instrumenten. Weil entweder das Instrument auf den Boden fällt oder der Nebenmann mit seinem Instrument dagegen stößt“, erklärt Herriegel und ergänzt: „Poliert werden musste auch nicht viel. Die meisten neuen Instrumente sind lackiert und brauchen die Behandlung nicht. Profis schwören dagegen auf nicht lackierte Instrumente.“Wenn dann doch mal eine Tuba poliert werden muss, wendet der Fachmann rund vier Stunden für die Behandlung auf.
Wenn Alfred Herriegel sein Geschäft in Sigmaringen irgendwann aufgibt, gibt es im Kreis keine Metallblasinstrumentenbauer mehr. „Ich habe leider auch noch nie einen Auszubildenden gehabt. Das hätte ich gerne gemacht. Aber nur, wenn ich ihn auch hätte übernehmen können. Die Chance hat sich leider nie ergeben“, sagt Herriegel – auf den langsam aber sicher wieder etwas mehr Arbeit zukommen dürfte. Schließlich finden nach langer Durststrecke inzwischen wieder Konzerte statt.