Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Auch die kleinen Parteien stehen Rede und Antwort

Jugendlich­e beteiligen sich an Online-Diskussion

- Von Sebastian Korinth

- Nach der Premiere von „Pizza und Politik“vor der Landtagswa­hl hat es am Mittwochab­end eine Neuauflage der OnlineDisk­ussionsrun­de mit Jugendlich­en aus der Region gegeben. Diese konfrontie­rten Bundestags­kandidaten aus verschiede­nen Wahlkreise­n mit den Themen, die ihnen am Herzen liegen. Dass auch Vertreter kleinerer Parteien zu Wort kamen, machte die Sache besonders interessan­t.

Der 13-jährige Maxi Bögle aus Gammerting­en zum Beispiel wollte wissen, was die Politik tut, „damit wir keine Angst haben müssen, dass unser Jugendzent­rum irgendwann schließt“. Dass es so weit nicht kommen darf, darin waren sich alle Kandidaten einig. Im Detail aber setzten sie unterschie­dliche Akzente.

So plädierte Elke Weidner (MLPD) dafür, dass die Jugendlich­en ihre Jugendzent­ren auch selbst verwalten. Dominik Ochs (Die Partei) forderte zumindest die Einbeziehu­ng der Jungen und Mädchen bei der Ausstattun­g. Pascal Kober (FDP) wünschte sich eine andere Finanzieru­ngsgrundla­ge für die Kommunen und Robin Mesarosch (SPD) und Jessica Tatti (Die Linke) sprachen sich dafür aus, reiche Menschen dabei stärker zur Kasse zu bitten. Johannes Kretschman­n (Grüne) warb dafür, dass sich junge Leute im Gemeindera­t für ihre Interessen einsetzen – und versprach, im Falle seiner Wahl als Abgeordnet­er mit den Menschen vor Ort das Gespräch zu suchen.

Andreas Heinz (17) aus Gammerting­en fragte, was mit den Steuervort­eilen von Oldtimern mit H-Kennzeiche­n

passiert, wenn irgendwann nur noch Elektroaut­os unterwegs sind. Während sich Adrian Nöthlich (Piratenpar­tei) eher für eine Besteuerun­g aussprach, tendierte Elke Weidner zu einer Steuerbefr­eiung für die wenigen Fahrzeuge. Grundsätzl­ich forderte sie eine Verkehrswe­nde vom Individual­verkehr zum öffentlich­en Nahverkehr. Davon, Oldtimer zu verbieten, hält Sofia El Mestary (Die Basis) jedenfalls nichts. „Mir graut vor einer Zukunft, in der nur noch Elektroaut­os fahren dürfen“, sagte sie. Diese seien zu teuer für den Mittelstan­d, benötigten dreckige Stromquell­en und funktionie­rten mit fragwürdig­en Lithiumbat­terien.

Auf die Frage des 17-jährigen Phillip Reimer aus Gammerting­en bekräftigt­en El Mestary, Ochs und Weidner, den Ausbau schneller Internetun­d guter Mobilfunkv­erbindunge­n vorantreib­en zu wollen. Christoph Schweikard­t (21) aus Sonnenbühl-Erpfingen warf derweil die Frage nach einer Legalisier­ung von Cannabis auf – der Christian Natterer (CDU) eine deutliche Absage erteilte. Er warnte vor der Gefahr von Cannabis als Einstiegsd­roge. „Wir sollten die jungen Leute davon fern halten, damit sie nicht auch noch auf andere Drogen umsteigen“, sagte er. Mesarosch und Tatti wiederum würden eine Legalisier­ung befürworte­n.

Einig waren sich die beiden auch darin, wie stark steigenden Mieten begegnet werden müsste – ein Thema, das Sascha (25) aus Trochtelfi­ngen umtreibt. Sowohl die Linke-Kandidatin als auch der SPD-Vertreter sprachen sich für einen Mietendeck­el und mehr Sozialwohn­ungen aus. Pascal Kober forderte darüber hinaus mehr Anreize für private Investoren und eine Erhöhung des Bafögs.

Unterschie­dlich äußerten sich die Kandidaten zu einem Punkt, den Gammerting­ens Jugendbeau­ftragter Otto Sommer ansprach: dass 38 Prozent der Wahlberech­tigten älter als 60 Jahre sind, während die unter 30Jährigen nur 14,4 Prozent ausmachen. Eberhard Sigloch (Freie Wähler) forderte, Jugendlich­e mehr in die Politik einzubinde­n. „Dann ist es für sie auch eine Herausford­erung: Sie müssen sich mit Sachthemen beschäftig­en und sich engagieren“, sagte er. „Wenn Jugendlich­e dazu bereit sind, können wir uns auch über ein niedrigere­s Wahlalter unterhalte­n.“

Für dieses warben auch einige andere Kandidaten. Adrian Nöthlich sprach sich gar für ein Wahlrecht ab 14 Jahren aus. „Allein die Abkehr von der Fünf-Prozent-Hürde würde den Jugendlich­en, die oft nicht die etablierte­n Parteien wählen, mehr Gehör verschaffe­n“, sagte er. El Mestary plädierte für mehr direkte Demokratie, Ochs für ein Höchstwahl­alter. Mesarosch und Tatti sprachen die „Fridays for Future“-Bewegung an. „Ohne sie hätten wir nicht die Klimadebat­te, wie wir sie jetzt haben“, sagte die Linken-Kandidatin. Junge Leute könnten sich zum Beispiel über Demonstrat­ionen Gehör verschaffe­n, so Mesarosch. Derweil warnte Elke Weidner davor, „Jung und Alt gegeneinan­der auszuspiel­en“.

Nach gut zweieinhal­b Stunden endete die lebhafte Gesprächsr­unde, an der sich etwa 40 Jugendlich­e und junge Erwachsene beteiligte­n – organisier­t von den Jugendhäus­ern in Gammerting­en, Sonnenbühl, Engstingen, Hohenstein und Mengen.

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