Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Auch die kleinen Parteien stehen Rede und Antwort
Jugendliche beteiligen sich an Online-Diskussion
- Nach der Premiere von „Pizza und Politik“vor der Landtagswahl hat es am Mittwochabend eine Neuauflage der OnlineDiskussionsrunde mit Jugendlichen aus der Region gegeben. Diese konfrontierten Bundestagskandidaten aus verschiedenen Wahlkreisen mit den Themen, die ihnen am Herzen liegen. Dass auch Vertreter kleinerer Parteien zu Wort kamen, machte die Sache besonders interessant.
Der 13-jährige Maxi Bögle aus Gammertingen zum Beispiel wollte wissen, was die Politik tut, „damit wir keine Angst haben müssen, dass unser Jugendzentrum irgendwann schließt“. Dass es so weit nicht kommen darf, darin waren sich alle Kandidaten einig. Im Detail aber setzten sie unterschiedliche Akzente.
So plädierte Elke Weidner (MLPD) dafür, dass die Jugendlichen ihre Jugendzentren auch selbst verwalten. Dominik Ochs (Die Partei) forderte zumindest die Einbeziehung der Jungen und Mädchen bei der Ausstattung. Pascal Kober (FDP) wünschte sich eine andere Finanzierungsgrundlage für die Kommunen und Robin Mesarosch (SPD) und Jessica Tatti (Die Linke) sprachen sich dafür aus, reiche Menschen dabei stärker zur Kasse zu bitten. Johannes Kretschmann (Grüne) warb dafür, dass sich junge Leute im Gemeinderat für ihre Interessen einsetzen – und versprach, im Falle seiner Wahl als Abgeordneter mit den Menschen vor Ort das Gespräch zu suchen.
Andreas Heinz (17) aus Gammertingen fragte, was mit den Steuervorteilen von Oldtimern mit H-Kennzeichen
passiert, wenn irgendwann nur noch Elektroautos unterwegs sind. Während sich Adrian Nöthlich (Piratenpartei) eher für eine Besteuerung aussprach, tendierte Elke Weidner zu einer Steuerbefreiung für die wenigen Fahrzeuge. Grundsätzlich forderte sie eine Verkehrswende vom Individualverkehr zum öffentlichen Nahverkehr. Davon, Oldtimer zu verbieten, hält Sofia El Mestary (Die Basis) jedenfalls nichts. „Mir graut vor einer Zukunft, in der nur noch Elektroautos fahren dürfen“, sagte sie. Diese seien zu teuer für den Mittelstand, benötigten dreckige Stromquellen und funktionierten mit fragwürdigen Lithiumbatterien.
Auf die Frage des 17-jährigen Phillip Reimer aus Gammertingen bekräftigten El Mestary, Ochs und Weidner, den Ausbau schneller Internetund guter Mobilfunkverbindungen vorantreiben zu wollen. Christoph Schweikardt (21) aus Sonnenbühl-Erpfingen warf derweil die Frage nach einer Legalisierung von Cannabis auf – der Christian Natterer (CDU) eine deutliche Absage erteilte. Er warnte vor der Gefahr von Cannabis als Einstiegsdroge. „Wir sollten die jungen Leute davon fern halten, damit sie nicht auch noch auf andere Drogen umsteigen“, sagte er. Mesarosch und Tatti wiederum würden eine Legalisierung befürworten.
Einig waren sich die beiden auch darin, wie stark steigenden Mieten begegnet werden müsste – ein Thema, das Sascha (25) aus Trochtelfingen umtreibt. Sowohl die Linke-Kandidatin als auch der SPD-Vertreter sprachen sich für einen Mietendeckel und mehr Sozialwohnungen aus. Pascal Kober forderte darüber hinaus mehr Anreize für private Investoren und eine Erhöhung des Bafögs.
Unterschiedlich äußerten sich die Kandidaten zu einem Punkt, den Gammertingens Jugendbeauftragter Otto Sommer ansprach: dass 38 Prozent der Wahlberechtigten älter als 60 Jahre sind, während die unter 30Jährigen nur 14,4 Prozent ausmachen. Eberhard Sigloch (Freie Wähler) forderte, Jugendliche mehr in die Politik einzubinden. „Dann ist es für sie auch eine Herausforderung: Sie müssen sich mit Sachthemen beschäftigen und sich engagieren“, sagte er. „Wenn Jugendliche dazu bereit sind, können wir uns auch über ein niedrigeres Wahlalter unterhalten.“
Für dieses warben auch einige andere Kandidaten. Adrian Nöthlich sprach sich gar für ein Wahlrecht ab 14 Jahren aus. „Allein die Abkehr von der Fünf-Prozent-Hürde würde den Jugendlichen, die oft nicht die etablierten Parteien wählen, mehr Gehör verschaffen“, sagte er. El Mestary plädierte für mehr direkte Demokratie, Ochs für ein Höchstwahlalter. Mesarosch und Tatti sprachen die „Fridays for Future“-Bewegung an. „Ohne sie hätten wir nicht die Klimadebatte, wie wir sie jetzt haben“, sagte die Linken-Kandidatin. Junge Leute könnten sich zum Beispiel über Demonstrationen Gehör verschaffen, so Mesarosch. Derweil warnte Elke Weidner davor, „Jung und Alt gegeneinander auszuspielen“.
Nach gut zweieinhalb Stunden endete die lebhafte Gesprächsrunde, an der sich etwa 40 Jugendliche und junge Erwachsene beteiligten – organisiert von den Jugendhäusern in Gammertingen, Sonnenbühl, Engstingen, Hohenstein und Mengen.