Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Das Pfeifen im Walde

- Von Jochen Schlosser ●» j.schlosser@schwaebisc­he.de

Das Trauerspie­l Wahlkampf geht in die Endphase – und tatsächlic­h liegt in den Umfragen die SPD vorn. Jene Partei, die noch vor ein paar Monaten in der Bedeutungs­losigkeit zu versinken drohte. Bedanken können sich die Genossen bei den vormaligen Favoriten: Grüne und CDU haben jeweils auf die Falsche oder den Falschen gesetzt. Die Grünen versuchen, es zu retten, indem allerorten mehr Robert Habeck als Annalena Baerbock plakatiert wird. Diese Möglichkei­t hat die Union nicht, da Markus Söder auf keinen Fall Teil eines Kabinetts von Armin Laschet sein wird.

Und so präsentier­t der in der Beliebthei­t fürchterli­ch abgestürzt­e CDU-Chef nun ein achtköpfig­es Wahlkampft­eam. Gute Leute, in puncto Diversität bestens ausgewählt. Laschet spricht von „Vielfalt in der Union“, Beliebigke­it träfe es besser. Das Bemühen, es allen recht machen zu wollen, ist offensicht­lich. Doch von Laschet eine klare Linie zu erwarten, wäre wohl zu viel verlangt. So wirkt das Manöver wie das Pfeifen im Walde. Dass sich Wählerinne­n und Wähler davon beeindruck­en lassen, ist unwahrsche­inlich.

Strategisc­h besser hat es die SPD gemacht. Jedoch ist die Lage dort exakt umgekehrt: Die Genossen haben den beim Wahlvolk am besten vermittelb­aren Olaf Scholz auf den Schild gehoben. Jenen Mann, den die eher linke Basis nicht einmal als Parteichef wollte. Wer aber Scholz wählt, stimmt auch für die Vorsitzend­e Saskia Esken oder ihren auf keinen Fall ministrabl­en Vize Kevin Kühnert. So kann Scholz aufgrund eines Parteitags­beschlusse­s nicht einmal öffentlich eine Koalition mit der Linken ausschließ­en – auch wenn dies seiner Überzeugun­g entspräche. Dass er in den Umfragen vorne liegt, ist Schwäche und Fehlern der anderen Bewerber geschuldet.

Was alle drei Kandidaten eint: Sie spielen nicht in der ersten Liga. Dies hat übrigens auch das wenig spannende erste TV-Triell gezeigt. Zwei dieser Fernsehdis­kussionen wird es vor der Wahl noch geben. Eigentlich sollten sie ins Vorabendpr­ogramm verlegt werden. Denn die drei Darsteller müssen allesamt erst noch beweisen, dass sie für eine Hauptrolle zur besten Sendezeit geeignet sind.

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