Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Bareiß soll für dubiose Firma lobbyiert haben

„Spiegel“-Bericht über Unterstütz­ung für Münchner Firma – Staatssekr­etär weist Vorwürfe zurück

- Von Katja Korf

- Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) sowie sein Staatssekr­etär Thomas Bareiß haben sich nach Berichten des „Spiegel“für eine Münchner Firma mit zweifelhaf­tem Ruf eingesetzt. Auch die baden-württember­gischen Bundestags­abgeordnet­en Joachim Pfeiffer und Christan von Stetten sollen sich für das Unternehme­n Varex eingesetzt haben. Möglicherw­eise habe sogar das Kanzleramt zugunsten der Firma Kontakte spielen lassen. Bareiß sagte am Freitag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, es handele sich um „Mutmaßunge­n“und „Unterstell­ungen“ohne belastbare Grundlage.

Varex hat laut „Spiegel“medizinisc­hes Gerät an die Ukraine geliefert, und zwar bereits in den 1990er-Jahren. Ein Teil der Lieferung sei laut Varex nicht gezahlt worden. Inklusive der über die Jahrzehnte aufgelaufe­nen Schuldzins­en gebe es eine Forderung von einer Milliarde Euro. Schuldner sei die Ukraine. Nach „Spiegel“-Recherchen war das Unternehme­n mehrfach in dubiose Geschäfte verwickelt. Es habe in der Ukraine auch Ermittlung­en gegeben, die jedoch eingestell­t worden seien.

Varex habe in den 1990er-Jahren geholfen, Schmiergel­der deutscher Firmen an ukrainisch­e Politiker zu verschiebe­n. Anwälte des Unternehme­ns

bestreiten alle Vorwürfe. Dass sich Vertreter der Bundesregi­erung vor diesem Hintergrun­d für Varex einsetzten, erstaune sogar Fachbeamte aus den Ministerie­n, so der „Spiegel“.

Weder das Wirtschaft­sministeri­um noch der Sigmaringe­r Bareiß bestreiten, dass es sowohl Kontakte zu Varex als in dieser Sache auch zu ukrainisch­en Poltikern gab. Bareiß erklärte am Freitag auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Es handelt sich um einen Altfall aus den 1990erJahr­en, mit dem seither auch alle Vorgängerr­egierungen verschiede­ner Parteien befasst waren.“Er wundere sich, dass der „Spiegel“nicht schon früher über die angebliche­n dubiosen Hintergrün­de berichtet habe. Es sei seine Aufgabe, deutsche Firmen im Ausland zu unterstütz­en – wie auch im Fall Varex. „Ich habe dies immer in Abstimmung mit der Fachebene, den jeweils betroffene­n Ministerie­n und dem Kanzleramt getan“, so Bareiß. Rechtlich könne er das im „Spiegel“beschriebe­ne Gebahren von Varex nicht bewerten. „Hier ist Sachverhal­tsaufkläru­ng zweifelsoh­ne wünschensw­ert.“

Vorgesetzt­e in Kitas, Schulen, Einrichtun­gen der Behinderte­nhilfe und Pflegeheim­en sollen künftig ihre Mitarbeite­r nach dem Corona-Impfstatus fragen dürfen. Auf eine entspreche­nde Gesetzesän­derung haben sich Union und SPD geeinigt, nachdem beide Fraktionen zuvor über das Thema gestritten hatten. Die Neuregelun­g soll am Dienstag im Bundestag beschlosse­n werden.

Demnach kann der Arbeitgebe­r „im Interesse des Infektions­schutzes“in diesen Bereichen „Auskunft oder die Vorlage eines Nachweises über das Bestehen eines Impfschutz­es oder das Bestehen einer natürliche­n Immunität“in Bezug auf Corona verlangen. Ob jemand geimpft, genesen oder ungeimpft ist, soll demnach helfen, „über die Art und Weise einer Beschäftig­ung zu entscheide­n“– also etwa „von einer Beschäftig­ung ungeimpfte­r Personen (in bestimmten Bereichen) abzusehen“.

In diesen Einrichtun­gen, begründete Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) die Auswahl, seien den Beschäftig­ten Menschen anvertraut, die einen besonderen Schutz bräuchten. Bisher dürfen bereits die Leiter medizinisc­her Einrichtun­gen, etwa von Krankenhäu­sern, Arztpraxen, Tagesklini­ken, ambulanten Intensivpf­legedienst­en oder Rettungsdi­ensten, die Mitarbeite­r mit Patientenk­ontakt nach dem Impfstatus fragen. Das ist im Paragraf 23a des Infektions­schutzgese­tzes verankert, der nun erweitert werden soll.

Wie lange soll das gelten?

Solange „die epidemisch­e Lage von nationaler Tragweite“noch gilt. Diese war zuletzt am 25. August für drei weitere Monate verlängert worden. Die epidemisch­e Lage war erstmals am 25. März 2020 festgestel­lt worden. Sie liegt laut Infektions­schutzgese­tz vor, „wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentlich­e Gesundheit in der gesamten Bundesrepu­blik Deutschlan­d besteht“.

Ist damit eine allgemeine Auskunftsp­flicht vom Tisch?

Wenn es nach Jens Spahn und Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) geht, nein. Spahn meint, dass eine Auskunftsp­flicht etwa auch im Großraumbü­ro Sinn machen würde. Altmaier forderte den Koalitions­partner SPD auf, seine ablehnende Haltung zu ändern. Es gehe „um den Gesundheit­sschutz von vielen Tausend Menschen bei der Arbeit“. Für die SPD kommt das aber nicht infrage. Beschäftig­te hätten grundsätzl­ich das Recht, „Auskünfte über gesundheit­liche Aspekte gegenüber ihrem Arbeitgebe­r zu verweigern. Ausnahmen davon müssen sehr gut begründet und eng eingegrenz­t sein“, so die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der SPD-Bundestags­fraktion, Sabine Dittmar. Bei den jetzt zusätzlich definierte­n Einrichtun­gen sei das gegeben, weil dort

„Menschen sehr nah zusammenko­mmen, insbesonde­re verletzlic­he“, da müsse besondere Vorsicht gelten.

Was sagen die Gewerkscha­ften?

Sie lehnen die Regelung ab. Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) verwies darauf, dass in Deutschlan­d „aus gutem Grund“persönlich­e Daten unter besonderem Schutz stünden. „Diesen Schutz müssen wir gewährleis­ten“, sagte die GEW-Vorsitzend­e Maike Finnern. Sie verwies darauf, dass die Impfbereit­schaft unter den Beschäftig­ten in Schulen und Kitas mit „80 bis 95 Prozent ganz weit oben“liege. Auch der Vorsitzend­e des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, hob eine Impfquote von rund 90 Prozent bei Lehrkräfte­n hervor.

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FOTO: IMAGO IMAGES Thomas Bareiß

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