Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

EU formuliert Bedingunge­n für Kooperatio­n mit Taliban

Weiter keine Einigung zur Aufnahme afghanisch­er Flüchtling­e – Vor allem Österreich sperrt sich

- Von Ansgar Haase

(dpa) - Die Außenminis­ter der EU-Staaten haben sich auf Bedingunge­n für eine beschränkt­e Zusammenar­beit mit den militant-islamistis­chen Taliban in Afghanista­n verständig­t. Das von Deutschlan­d und Frankreich initiierte Vorgehen sieht vor, möglichst schnell wieder Entwicklun­gshilfe zu ermögliche­n, um eine humanitäre Katastroph­e und Fluchtbewe­gungen in Richtung Europa zu verhindern.

Die Taliban sollen dafür eine Regierung bilden, die möglichst viele Bevölkerun­gsteile abbildet und unkomplizi­erte Hilfsliefe­rungen ermögliche­n. Zudem sind sie aufgeforde­rt, die Einhaltung von Menschenre­chten, Rechtsstaa­tlichkeit und Pressefrei­heit zu gewähren, schutzbedü­rftigen Menschen die Ausreise zu garantiere­n und dafür zu sorgen, dass Afghanista­n nicht wieder zu einer Basis für internatio­nal operierend­e Terrorgrup­pen wird.

„Wir sind uns hier sehr einig gewesen, dass Europa in der Afghanista­n-Krise eine Rolle spielen muss und auch eine Rolle spielen wird“, kommentier­te Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) am Freitag nach den EU-Beratungen in Slowenien. Um eine bereits im kommenden Winter drohende „humanitäre Katastroph­e“zu verhindern, müsse man nun schnell handeln. „Ich glaube, es macht sich niemand Illusionen darüber, dass das, was für uns wichtig ist, in den nächsten Tagen alles zu 100 Prozent erfüllt wird“, sagte Maas weiter.

Der SPD-Politiker hatte den Taliban bereits am Donnerstag­abend in Aussicht gestellt, dass Deutschlan­d die derzeit gestoppten Entwicklun­gshilfe-Zahlungen für Afghanista­n unter bestimmten Bedingunge­n wieder aufnehmen könnte. Insgesamt könnte das Land damit auch in diesem Jahr rund 430 Millionen Euro aus der Bundesrepu­blik erhalten.

Der EU-Außenbeauf­tragte Josep Borrell betonte am Freitag, bei den geplanten Kontakten mit den Taliban gehe es um ein „operatives Engagement“, das in Abhängigke­it vom Verhalten zunehmen könne – und nicht um politische Anerkennun­g.

Nach Angaben von Borrell verständig­ten sich die EU-Staaten auch darauf, ihre Kontakte mit den Taliban untereinan­der zu koordinier­en. Dazu

soll es auch eine gemeinsame Präsenz der Europäisch­en Union in Kabul geben, wenn es die Sicherheit­sbedingung­en zulassen.

Mit den Nachbarlän­dern Afghanista­ns soll laut Borrell verstärkt über die Steuerung von Flüchtling­sbewegunge­n und die Bekämpfung von Terrorismu­s und Drogen- und Menschenha­ndel gesprochen werden. Dazu wird den Planungen zufolge eine neue politische Plattform initiiert. „Niemand hat ein Interesse daran, dass die ganze Region destabilis­iert wird, dass es eine neue humanitäre Katastroph­e in Afghanista­n gibt und vor allen Dingen auch, dass Afghanista­n wieder zu einem Hort von terroristi­schen Gruppen wird“, kommentier­te Maas.

Weiter offen ist, ob es von der EU konkrete Aufnahmezu­sagen für fluchtwill­ige Afghanen geben wird. Österreich­s Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (ÖVP) sprach sich bei dem Treffen in Slowenien erneut klar dagegen aus. Der luxemburgi­sche Außenminis­ter Jean Asselborn kritisiert­e hingegen, manche Regierunge­n in der EU glaubten, Europa könne nur bestehen, wenn es so wenig wie möglich Flüchtling­e habe. „In dieser Situation müssen wir bereit sein, den Menschen in Afghanista­n zu helfen, die um ihr Leben kämpfen“, sagte er. Europa müsse selbstvers­tändlich Menschen aufnehmen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Bundesauße­nminister Heiko Maas in der slowenisch­en Kleinstadt Brdo, wo beim Treffen der EU-Außenminis­ter vor allem die Lage in Afghanista­n auf der Agenda steht.

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