Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Bahn blitzt erneut ab

Gewerkscha­ft der Lokführer darf weiter streiken

- Von Wolfgang Mulke

- Der Bahnstreik geht wie geplant bis zum kommenden Dienstag weiter. „Wir werden den Streik nicht wie 2015 abbrechen“, sagte der Chef der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL), Claus Weselsky, nachdem das hessische Landesarbe­itsgericht den Streik als zulässig eingestuft hat. Damit blitzte die Deutsche Bahn auch in der höheren Instanz mit dem Antrag auf eine einstweili­ge Verfügung gegen den Arbeitskam­pf ab. Die Fronten sind damit weiter verhärtet. So wird es vor allem in Ostdeutsch­land und den Ballungsge­bieten auch in den nächsten Tagen zu erhebliche­n Einschränk­ungen im Zugverkehr kommen.

„Wir stellen nicht das Streikrech­t als Grundrecht infrage“, betonte der Personalvo­rstand der Bahn, Martin Seiler. Doch statt zu verhandeln, wolle die GDL ein Tarifdikta­t durchsetze­n. Hintergrun­d des Vorwurfs ist die Forderung der GDL, künftig Tarifvertr­äge für das gesamte Personal der Eisenbahn abzuschlie­ßen. Bisher vertritt sie nur das Zugpersona­l. Das Gericht stellte auch fest, dass Tarifvertr­äge der GDL nur in Betrieben gelten, in denen die Lokführer die Mehrheit der Gewerkscha­ftsmitglie­der stellen. Das ist nach Ansicht der Bahn nur in 16 der rund 300 Bahnbetrie­be der Fall. Insofern würden Tarifvertr­äge für andere Berufsgrup­pen fast gar nicht gelten.

Die rechtliche Würdigung des Gerichts ist wie so oft komplizier­t. „Bei dem Streik handelt es sich nicht um einen unzulässig­en Unterstütz­ungsstreik“, stellte der Vorsitzend­e Richter Peter Gegenwart klar. Das Zugpersona­l streike zwar auch für andere Berufsgrup­pen, aber vornehmlic­h für bessere eigene Arbeitsbed­ingungen. Die GDL streike auch nicht für eine Klausel, der zufolge ihre Tarifvertr­äge in allen Bahnbetrie­ben zur Anwendung kommen müssten.

Um die Folgen des anhaltende­n Streiks zu verringern, setzt die Bahn am Wochenende mehr Züge im Fernverkeh­r ein. Fast jeder dritte Zug soll am Samstag und Sonntag gemäß des Notfahrpla­ns unterwegs sein. Bisher hielt das Unternehme­n nur 25 Prozent des regulären Verkehrs aufrecht.

Trotz der harten Haltung auf beiden Seiten deuten sich auch neuerliche Gespräche an. „Einen Tarifabsch­luss gibt es nur am Verhandlun­gstisch“, sagte Seiler. Und Weselsky betonte, dass man einen Kompromiss finden müsse. Alle Beteiligte­n seien profession­ell genug, um wieder miteinande­r reden zu können. Allerdings wiederholt­e er die Forderunge­n nach einer Lohnerhöhu­ng noch für das laufende Jahr und Verbesseru­ngen bei der Betriebsre­nte und der Laufzeit des angestrebt­en Vertrages.

Anderen Forderunge­n haben die Arbeitgebe­r bereits nachgegebe­n. Die Bahn bietet bisher 3,2 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten bei einer Laufzeit von 36 Monaten und eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro. Ob und wann es wieder zu Gesprächen kommen könnte, blieb nach der Gerichtsve­rhandlung noch völlig offen. Ein Kompromiss­vorschlag des Frankfurte­r Arbeitsger­ichts blieb schon zuvor erfolglos.

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