Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bahn blitzt erneut ab
Gewerkschaft der Lokführer darf weiter streiken
- Der Bahnstreik geht wie geplant bis zum kommenden Dienstag weiter. „Wir werden den Streik nicht wie 2015 abbrechen“, sagte der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, nachdem das hessische Landesarbeitsgericht den Streik als zulässig eingestuft hat. Damit blitzte die Deutsche Bahn auch in der höheren Instanz mit dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Arbeitskampf ab. Die Fronten sind damit weiter verhärtet. So wird es vor allem in Ostdeutschland und den Ballungsgebieten auch in den nächsten Tagen zu erheblichen Einschränkungen im Zugverkehr kommen.
„Wir stellen nicht das Streikrecht als Grundrecht infrage“, betonte der Personalvorstand der Bahn, Martin Seiler. Doch statt zu verhandeln, wolle die GDL ein Tarifdiktat durchsetzen. Hintergrund des Vorwurfs ist die Forderung der GDL, künftig Tarifverträge für das gesamte Personal der Eisenbahn abzuschließen. Bisher vertritt sie nur das Zugpersonal. Das Gericht stellte auch fest, dass Tarifverträge der GDL nur in Betrieben gelten, in denen die Lokführer die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder stellen. Das ist nach Ansicht der Bahn nur in 16 der rund 300 Bahnbetriebe der Fall. Insofern würden Tarifverträge für andere Berufsgruppen fast gar nicht gelten.
Die rechtliche Würdigung des Gerichts ist wie so oft kompliziert. „Bei dem Streik handelt es sich nicht um einen unzulässigen Unterstützungsstreik“, stellte der Vorsitzende Richter Peter Gegenwart klar. Das Zugpersonal streike zwar auch für andere Berufsgruppen, aber vornehmlich für bessere eigene Arbeitsbedingungen. Die GDL streike auch nicht für eine Klausel, der zufolge ihre Tarifverträge in allen Bahnbetrieben zur Anwendung kommen müssten.
Um die Folgen des anhaltenden Streiks zu verringern, setzt die Bahn am Wochenende mehr Züge im Fernverkehr ein. Fast jeder dritte Zug soll am Samstag und Sonntag gemäß des Notfahrplans unterwegs sein. Bisher hielt das Unternehmen nur 25 Prozent des regulären Verkehrs aufrecht.
Trotz der harten Haltung auf beiden Seiten deuten sich auch neuerliche Gespräche an. „Einen Tarifabschluss gibt es nur am Verhandlungstisch“, sagte Seiler. Und Weselsky betonte, dass man einen Kompromiss finden müsse. Alle Beteiligten seien professionell genug, um wieder miteinander reden zu können. Allerdings wiederholte er die Forderungen nach einer Lohnerhöhung noch für das laufende Jahr und Verbesserungen bei der Betriebsrente und der Laufzeit des angestrebten Vertrages.
Anderen Forderungen haben die Arbeitgeber bereits nachgegeben. Die Bahn bietet bisher 3,2 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten bei einer Laufzeit von 36 Monaten und eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro. Ob und wann es wieder zu Gesprächen kommen könnte, blieb nach der Gerichtsverhandlung noch völlig offen. Ein Kompromissvorschlag des Frankfurter Arbeitsgerichts blieb schon zuvor erfolglos.