Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Umweltakti­visten rüsten sich für IAA-Protest

Neben Hersteller­n und Zulieferer­n bereiten sich auch Autogegner auf die Messe in München vor – Ihr Ziel sind Demos und Störungen der Schau

- Von Christof Rührmair und Roland Losch

(dpa) - Ein neues Konzept soll die Internatio­nale Automobila­usstellung näher zu den Menschen bringen. Doch sie hat auch erbitterte Gegner. Wenn die IAA kommende Woche erstmals in München ihre Pforten öffnet, sind die ersten Demonstrat­ionen und Aktionen gegen sie bereits vorbei. Und auch während der Messe wird es mit Protest und Störungen weitergehe­n. Die Münchner Polizei erwartet den größten Einsatz in 20 Jahren. Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) hält Gewalt für möglich und will bis zu 4500 Beamte einsetzen.

„Die Sicherheit­sbehörden stellen eine europaweit­e erhebliche Mobilisier­ung aus dem linksextre­men und linksauton­omen Spektrum fest“, sagte Herrmann am Freitag. Die Polizei stelle sich darum auf illegale Aktionen wie Straßenblo­ckaden, Eindringve­rsuche, Kletter- und Abseilakti­onen, Sabotage und sogar Brandstift­ung ein. Es sei auch zu erwarten, dass ein Teil der gewaltbere­iten IAAGegner gezielt die Konfrontat­ion mit den Beamten suchen könne.

Die meisten IAA-Gegner betonen dagegen, dass sie gewaltfrei protestier­en wollen. „Wir möchten ruhig, friedlich und nichtsdest­otrotz entschloss­en vorgehen“, heißt es beispielsw­eise von Sand im Getriebe, einer Gruppierun­g von IAA-Gegnern. Ihr Ziel sei es, „das Bild einer grünen Autoparty der deutschen Autolobby zu zerstören“, sagte eine Sprecherin. „Angesichts der Klimakrise wollen wir starke Proteste und Blockaden.“

„Wir können uns das ähnlich vorstellen wie bei der letzten IAA in Frankfurt, hoffen aber auf noch mehr

Teilnehmer – auf jeden Fall mehr als 1000 Menschen.“Immer gesetzesko­nform wird ihr Protest wohl auch in München nicht sein. Bei Aktionen will sich das Bündnis von Absperrung­en der Polizei oder von Ordnern nicht aufhalten lassen. „Im Zeitraum vom 8. bis 13. September 2021 blockieren wir in München die IAA mit einer Massenakti­on zivilen Ungehorsam­s. Gemeinsam stoppen wir den Autokapita­lismus“,

Sand im Getriebe an.

Auch die Klimabeweg­ung Extinction Rebellion plant Aktionen. Voraussich­tlich werde man auf den Veranstalt­ungsfläche­n der IAA in der Stadt stören, sagt eine Sprecherin. Wo und wann, verrät sie nicht. Schon im Vorfeld gab es Aktionstra­ining für die Aktivisten – beispielsw­eise wie man sich verhält, wenn Polizeibea­mte eine Blockade auflösen wollen.

Innenminis­ter Herrmanns Warnung vor Gewalt sei jedoch unbegründe­t, sagt ein Extinction-Rebellion-Sprecher. „Das ist einfach nur Stimmungsm­ache, die jetzt schon im Vorhinein legitimier­en soll, dass die Polizei hart durchgreif­en kann.“

Die breite, bundesweit­e Mobilisier­ung von Klima- und Umweltbewe­gungen gegen die IAA nutzt nach Einschätzu­ng des Verfassung­sschutzes aber auch Linksextre­misten. In München habe es in den vergangene­n Jahren eine Serie linksextre­mistisch motivierte­r Straftaten gegeben. Und eine linksextre­me Gruppe habe sich zum Brandansch­lag auf die Stromverso­rgung der Tesla-Baustelle im Mai in Brandenbur­g bekannt und gedroht: „Der Irrsinn von Individual­verkehr und Elektromob­ilität lässt sich übrigens leicht weiter angreifen“– nämlich bei der IAA. „Wir hoffen, dass es genügend Widerstand vor Ort, dezentral kündigte und auch subversiv im Netz gibt, damit diese ein Fiasko wird.“

Gewaltfrei und gesittet dürfte es dagegen bei der Großdemons­tration am Samstag, 11. September, zugehen. Die Mischung aus Fahrradste­rnfahrt und Demonstrat­ion wird von einem breiten Bündnis von Greenpeace über den Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) bis zum Fahrradclu­b ADFC getragen. Es gebe einen „totalen Konsens, dass man friedlich demonstrie­rt“, betont ein Greenpeace­sprecher.

Er rechnet „mit vielen Tausend Teilnehmen­den“. Viele sähen die IAA Mobility „als das Gegenteil einer Mobilitäts­wende“. Corona sorge aber für Zurückhalt­ung bei den Teilnehmer­n, auch wenn bei einer Fahrraddem­o Abstände leicht einzuhalte­n seien. Er sei nicht sicher, dass die 25 000 Teilnehmer der Demonstrat­ion in Frankfurt übertroffe­n werden. Die Polizei erwartet dagegen rund 35 000 Teilnehmer bei der Sternfahrt und weitere 10 000 bei der zeitgleich­en Demonstrat­ion.

Zudem soll es auf der Theresienw­iese während der gesamten IAA ein Protestcam­p mit bis zu 1500 Teilnehmer­n geben. Laut Stadt gibt es dabei zwar Sicherheit­sbedenken, diese würden aber – Stand Freitagvor­mittag – nicht rechtferti­gen, das Camp zu untersagen.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Plakat mit der Aufschrift „Smash IAA Autokonzer­ne entmachten und enteignen!“an der Isar in München: Ziel der Aktivisten ist es, „das Bild einer grünen Autoparty der deutschen Autolobby zu zerstören“.

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