Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kulturreicher Auftakt in Altshausen
Das Projekt Literatur in Oberschwaben verbindet ideenreiche Formate
- Wo sonst Wertstoffe zur Entsorgung angeliefert werden, war am vergangenen Mittwochabend auf dem Wertstoffhof in Altshausen unter der Präambel „Kunst am Bauhof“die „bestmögliche Weiterverwendung des Wertstoffes Kultur vor Publikum“angesagt. Damit startete das Literaturnetzwerk Oberschwaben (Lio) vom Büro für Regionalkultur die diesjährige Veranstaltungsreihe „Literatur in Oberschwaben – bei Hofe“. Über fünfzig Künstlerinnen und Künstler, Autoren und schreibende Frauen, Literatinnen und Vortragende, Theaterleute, Prediger und Musiker sind den ganzen September mit von der Partie und mit dem Literatur in OberschwabenNetzwerk in 23 Veranstaltungen in Oberschwaben unterwegs.
„Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform für ideenreiche Formate an ungewöhnlichen Orten zu bieten ist die Idee von „Lio-bei Hofe“so Henrike Müller, Vorstandsmitglied des Büros für Regionalkultur. Gefördert wird dieses Non-Profit-Projekt, das nach dem Prinzip umsonst und draußen stattfindet, vom Programm Kunst trotz Abstand des Ministeriums
für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Die Idee umgesetzt wurde bei der Auftaktveranstaltung, die vor allem ein Treffen der Künstler war. Vom Bauhof mit einer mobilen Bühne ausgestattet und mit bunten Stühlen weiträumig, ganz die Vorgaben der Corona-Regelungen beachtend, bestückt, ging bei Spätsommerwetter ein 90-minütiges Programm über die Bühne, das die ganze Bandbreite des Projektes präsentierte. „Wir freuen uns, dass wir wieder vor Publikum auftreten dürfen und Begegnungen wieder möglich sind“, begrüßte der Moderator des Abends, der unter dem Motto Begegnungen stand, Bernhard Bitterwolf das Auditorium. Er startete dann auch das Programm mit einer gesungenen Huldigung auf Bier und Wein, sich selbst auf dem Scheitholz, einem historischen Instrument begleitend.
Original schwäbische Literatur mit lokalem Bezug und angelehnt an die Sage vom Burrenmännle und dem Herrgöttle von Biberach servierten der Liedermacher Michael Skuppin und seine Tochter Fiona. Rustikal die Texte gepaart mit der feinen Sopranstimme beim Refrain „Burrenmännle komm ond hilf“– ein echter Hinhörer. Ganz der Idee folgend, Nachwuchskünstlern eine Bühne zu bieten, war der Auftritt des Gesangsduos Fiona und Hannah, für die es der erste Auftritt als Duo und für Hannah Demelt überhaupt der erste Auftritt vor Publikum war. Als Literatur aus der musikalischen Weltgeschichte kündigten sie den Beatles-Klassiker „Let it be“und den Filmsong aus Titanic „My heart will go on“und „The Rose“an. Ausdrucksstarke Stimmen, die, obwohl erstmals auf der Bühne zu hören waren, in bester Weise harmonisieren, was insbesondere bei dem lyrischen „The Rose“zum Tragen kam, bewiesen das Talent der Beiden.
Ein ganz anderes Genre bedienten dann die vier Akteure Hanna Stauß, Ellen Geiger, Günther Letsch und Andreas Masen von „Spieltrieb – Improvisationstheater Sigmaringen“. Improvisationstheater ist eine Form des Theaters, in der Szenen ohne einen geschriebenen Dialog dargestellt werden und deswegen ein hohes Maß an Improvisationstalent erfordern. An diesem Abend präsentierte sich die Gruppe, die ihre künstlerische Heimat im Alten Schlachthof in Sigmaringen hat, als versiertes und unterhaltsames Ensemble, das aus Zurufen aus dem Publikum spontan ein Stück rund um Heirat, Ehe und Familie zum Besten gab.
Den Abschluss der Auftaktveranstaltung bildete der Auftritt von Fiona Skuppin als Songwriterin, die mit „Echo aus der Kindheit“authentisch ihr ambivalentes Verhältnis als geborene Berlinerin zu Oberschwaben und zum Schwäbischen besang, um dann am Ende im breitesten Schwäbisch festzustellen „Des Ländle isch mei Hoimet, des han i jetzt kapiert“.