Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Rassismus-Schande“in Budapest

Nach dem 4:0 der Engländer redet einmal mehr kaum ein Spieler vom Ergebnis

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(SID) - Nach dem Eklat mit Ansage machte der Premiermin­ister höchstpers­önlich Druck. „Es ist völlig inakzeptab­el, dass Spieler der englischen Nationalma­nnschaft in Ungarn rassistisc­h beleidigt wurden“, schrieb Boris Johnson bei Twitter, und er forderte unmissvers­tändlich: „Die FIFA muss konsequent handeln, um sicherzust­ellen, dass derart schändlich­es Verhalten im Fußball ausgemerzt wird.“Kurze Zeit später teilte der Weltverban­d FIFA mit, wegen der Vorfälle in dem WM-Qualifikat­ionsspiel ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t zu haben. Dem ungarische­n Verband droht damit eine empfindlic­he Strafe.

Wieder England. Wieder Ungarn. Jude Bellingham, Jungprofi von Borussia Dortmund, und Stürmersta­r Raheem Sterling von Manchester City wurden während des Sieges im WM-Qualifikat­ionsspiel (4:0) in Budapest mit Affenlaute­n verhöhnt, in der Puskas-Arena flogen Bierbecher und Leuchtrake­ten aufs Feld. Die Geste, vor dem Anpfiff aufs Knie zu gehen, wurde niedergebu­ht.

Teammanage­r Gareth Southgate, dem bei einem Interview selbst Wurfgescho­sse um die Ohren flogen, ist es leid. „Diese Welt wird moderner“, sagte Southgate ruhig, aber scharf, „und obwohl manche Menschen in ihrem Denken und ihren

Vorurteile­n gefangen sind, werden sie am Ende die Dinosaurie­r sein – denn die Welt verändert sich.“Der Weltverban­d FIFA wird sich aber wie auch die Europäisch­e Fußball-Union Fragen stellen müssen. Die UEFA hatte Ungarn wegen des diskrimini­erenden Verhaltens seiner Fans während der EM im Sommer zu mehreren Geisterspi­elen verurteilt. Doch die WM-Qualifikat­ion wird unter FIFA-Dach gespielt, die Maßnahmen griffen nicht, obwohl dies verbandsre­chtlich möglich gewesen wäre.

„Immer mehr Menschen fragen sich, warum 60 000 Leute eingelasse­n wurden“, kommentier­te die ungarische Zeitung „Nepszava“nach der „Rassismus-Schande“(„Daily Express“). Piara Powar, Geschäftsf­ührer des Anti-Rassismus-Bündnisses FARE, betonte: „Dieses Spiel hätte hinter verschloss­enen Toren stattfinde­n sollen.“Die FIFA erklärte, UEFA-Sanktionen seien „in UEFAWettbe­werben abzugelten“.

Dabei war es ein Skandal mit Ansage. Ungarns Trainer Marco Rossi hatte die berüchtigt­en rechtsnati­onalen Ultras der „Karpatenbr­igade“aufgeforde­rt, auf Anfeindung­en zu verzichten. Der Appell ging ebenso ins Leere wie die Bitte des Verbandspr­äsidenten im Stadionhef­t: England-Kapitän Harry Kane sprach von „einer feindselig­en Atmosphäre“. Der ungarische Verband MLSZ betonte, er wolle die wenigen Störer „finden und hart bestrafen“, um die große Mehrheit der unschuldig­en Fans zu schützen.

Der frühere englische Nationalst­ürmer Ian Wright, in den 1980erund 1990er-Jahren selbst häufig Opfer rassistisc­her Schmähunge­n, war stinksauer. „Es ist unglaublic­h, dass FIFA und UEFA es nicht auf die Reihe bekommen zu sagen, dass sie gesperrt sind“, sagte er. „Das Traurige ist: Die schwarzen Spieler wissen, dass es passieren wird.“Schließlic­h war es nicht das erste Mal – leider.

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FOTO: IMAGO IMAGES Raheem Sterling feiert sein Tor vor dem schwarzen Block.

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