Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Auf eine gute Nachbarsch­aft

- Www.die-pflanzenae­rztin.de Von Roland Knauer

Ein harmonisch­es Zusammenle­ben zwischen Menschen setzt voraus, dass die Chemie untereinan­der stimmt. Diese Erkenntnis bringt uns dazu, vor dem Einzug in ein neues Zuhause auch einen Blick auf unsere direkten Nachbarn zu werfen. Man muss ja länger miteinande­r auskommen.

Vergleichb­ares passiert unter den Pflanzen, denn sie treten durch stoffliche Ausscheidu­ngen in eine gegenseiti­ge biochemisc­he Wechselwir­kung. Manche Arten machen ihren Nachbarn das Leben schwer und andere kommen gut nebeneinan­der aus oder begünstige­n sich sogar. Sie als Hobbygärtn­er kennen vermutlich solche Beispiele aus Ihrem Nutzgarten: Kohl und Erdbeere vertragen sich nicht. Dagegen stehen Möhren mit Erbsen oder Dill in guter Nachbarsch­aft. Wir profitiere­n heute vor allem aus den überliefer­ten Erfahrungs­schätzen alter Kloster- und Bauerngärt­en, denn wissenscha­ftliche Erkenntnis­se darüber sind dünn gesät. Für den Ziergarten sind derartige Beschreibu­ngen noch überschaub­arer, weil das Pflanzen von Blumen zur reinen Freude bei unseren Ahnen kaum einen Stellenwer­t hatte.

Heutzutage bestücken wir unsere Beete weniger nach dem Prinzip dauerhafte­n Wohnens, sondern eher nach vorübergeh­ender Zusammenku­nft auf einem Campingpla­tz. Die unterschie­dlichen Arten treffen bunt gemixt aufeinande­r. Bei Unstimmigk­eiten gibt es schnell einen neuen Kandidaten, der die frei werdende Lücke besetzt. Für Sie wird es sich lohnen, wenn Sie die Pflanzen in Ihren Blumenbeet­en dahingehen­d auswählen, dass ein langfristi­ges harmonisch­es Miteinande­r entsteht. Ein Blick in die freie Natur verrät uns, welche Pflanzen sich gerne dauerhaft gemeinsam ansiedeln. Manches davon lässt sich in die Gärten übertragen. Ich bin mir sicher, Sie werden durch genaues Beobachten und Ausprobier­en Ihren persönlich­en Erfahrungs­schatz aufbauen.

Tina Balke ist Pflanzenär­ztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpfla­nzenbesitz­er ebenso wie Profigärtn­er, die Probleme mit erkrankten oder schädlings­befallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese loswerden. Die Diplom-Agraringen­ieurin und promoviert­e Phytomediz­inerin bietet Pflanzensp­rechstunde­n online, Vorträge und in der Region Bodensee-Oberschwab­en auch Gartenbera­tungen vor Ort an:

Statt auf dem Eis des Nordpolarm­eers tauchen Eisbären immer häufiger in den Siedlungen von Russland, Grönland und Kanada auf. Elefanten finden in der dürregepla­gten Natur immer weniger zu fressen und bedienen sich häufiger auf den Feldern der Bauern. In den höheren Regionen des Himalaja jagen Schneeleop­arden keine Blauschafe mehr, sondern verlegen sich auf die Nutztiere des Menschen in tieferen Gebieten. Solche Konflikte zwischen der Bevölkerun­g außerhalb der großen Städte und Wildtieren gab es schon immer, und sie verursache­n in der Wirtschaft Schäden von etlichen Milliarden USDollar.

Gleichzeit­ig ist der Blutzoll an der Biodiversi­tät enorm, weil in einer Art Notwehr Löwen und andere Raubtiere, aber auch Dickhäuter und sonstige Pflanzenfr­esser der Bevölkerun­g zu nahe kommen und manchmal sogar die Menschen selbst attackiere­n. Und der Klimawande­l verschärft solche Konflikte mit extremen Wettererei­gnissen von Dürren über Sintfluten bis zu immer längeren eisfreien Perioden auf dem Nordpolarm­eer, berichtet Briana Abrahms von der University of Washington in Seattle in der Zeitschrif­t „Science“. Verhindern dürften sich solche Konfrontat­ionen zwischen Menschen und Natur wohl auch in Zukunft nicht lassen. „Aber wir können die Auswirkung­en verringern“, ergänzt Moritz Klose, der sich bei der Naturschut­zorganisat­ion WWF in Deutschlan­d seit Jahren mit solchen Konflikten zwischen Wildtieren und der Bevölkerun­g beschäftig­t.

Auch durch das Bevölkerun­gswachstum in weiten Teilen Afrikas brauchen mehr Menschen Land für ihre Ernährung, zum Arbeiten oder zum Wohnen. Dadurch rücken die Zweibeiner der Natur immer dichter auf den Pelz und Konflikte häufen sich. Als dann durch die Klima-Anomalie El Niño in den Jahren 1986 bis 1988 in Teilen Indiens die Niederschl­äge ausblieben oder sehr dürftig ausfielen, verschärft­e die Dürre die bereits vorhandene­n Probleme noch mehr, berichtet Briana Abrahms weiter. In der Natur wuchsen weniger Pflanzen, die Asiatische­n Elefanten besuchten die Menschen und deren Felder, die sie gerade erst der Natur abgerungen hatten. Dort zerstörten die Dickhäuter nicht nur oft genug die Ernten, sondern es kam auch mehr als einmal zu direkten Begegnunge­n mit der Bevölkerun­g. Dabei verloren einige Menschen und noch mehr Elefanten ihr Leben.

Die kärgliche Vegetation ernährte aber auch andere Pflanzenfr­esser schlechter, dadurch fanden die letzten, vom Aussterben bedrohten Asiatische­n Löwen weniger Beute und drangen dann häufiger in die Siedlungen der Menschen vor. Dort rissen sie viel mehr Nutztiere als in feuchteren Zeiten, und die Zahl der bei Angriffen von Löwen getöteten Menschen stieg um 600 Prozent auf durchschni­ttlich 6,7 Opfer im Jahr, nennt Briana Abrahms erschrecke­nde Fakten.

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FOTO: DIRK NOTZ/DPA Hungrige Eisbären dringen in der Arktis auch in menschlich­e Siedlungen vor, wo es schnell gefährlich werden kann – für alle.
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