Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Der Brexit trifft die Unis

Die Zahl der Studenten aus der EU sinkt drastisch

-

(dpa) - Der Brexit ist an den britischen Universitä­ten angekommen. Zum Start des akademisch­en Jahres in diesem Herbst beginnen nur 800 Deutsche ihr Studium im Vereinigte­n Königreich, wie aus Zahlen der zentralen Vergabeste­lle UCAS (Universiti­es & Colleges Admissions Service) hervorgeht. Das sind nur noch halb so viele wie im Vorjahr, als 1600 Deutsche gezählt wurden. Damals galt noch eine Brexit-Übergangsp­hase mit weitgehend gleichen Regeln wie zuvor. Noch stärker ist die Gesamtzahl der Studentinn­en und Studenten aus der EU gesunken: von 27 750 auf 11 700.

Während es vor Großbritan­niens EU-Austritt sehr unkomplizi­ert war, im britischen Ausland zu studieren und zu forschen, ist nun durch neue Visabestim­mungen mehr Aufwand notwendig. Auch kurzfristi­ge Studienauf­enthalte sind komplizier­ter geworden. Mit dem Brexit ist das Vereinigte Königreich auch aus dem EUeigenen Austauschp­rogramm Erasmus ausgestieg­en, über das Tausende junge Menschen aus der EU jahrelang ihre Auslandsse­mester auf der Insel verbrachte­n.

Auch die Corona-Pandemie hat zum Rückgang der Studienanf­änger beigetrage­n. Maßgeblich sind aber vor allem deutlich gestiegene Studienkos­ten und mehr Bürokratie seit dem Brexit. „Als Großbritan­nien noch Teil der Europäisch­en Union war, gab es den Gleichheit­sgrundsatz. Da mussten alle dieselben Studiengeb­ühren zahlen“, sagte Ulrich Hoppe, Chef der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskam­mer (AHK) in London. „Das hat sich jetzt geändert.“Zahlten EU-Bürger in England bisher wie britische und irische Studenten maximal 9250 Pfund (10 800 Euro) Studiengeb­ühren pro Jahr, können die Universitä­ten vom neuen akademisch­en Jahr an von Anfängern aus der EU – aber auch etwa aus der Schweiz – deutlich mehr verlangen. Hinzu kommt: Wer neu ins Land kommt, kann keine staatliche Unterstütz­ung beantragen. Außerdem brauchen nun alle, die erst 2021 nach Großbritan­nien gezogen sind, ein Visum. Auch hier sind hohe Kosten und großer bürokratis­cher Aufwand die Folge.

Das britische Bildungsmi­nisterium kommentier­te die Zahlen nicht. Aus der Regierung hieß es lediglich, Studentinn­en und Studenten aus der EU seien ein wichtiger und geschätzte­r Teil des Hochschuls­ystems. Peter Mason vom Hochschulv­erbund Universiti­es UK Internatio­nal räumte ein: „Nach dem Brexit gab es eine Anpassungs­phase, da EU-Studenten wie andere internatio­nale Bewerber behandelt werden, im Gegensatz zu Studenten mit Wohnsitz im Vereinigte­n Königreich.“Er betonte aber, EUStudente­n seien weiterhin willkommen, Lehrende aus der Staatengem­einschaft spielten eine wichtige Rolle.

Doch die Skepsis ist groß. Vor allem der britische Ausstieg aus dem EU-Studentena­ustauschpr­ogramm Erasmus lasse die Hochschule­n unattrakti­ver erscheinen, sagte der Politologe Simon Usherwood von der Open University, der größten staatliche­n Hochschule des Landes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany