Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wie einst Becker, Stich und Kiefer

Der 14. Sieg in Folge bringt Alexander Zverev das Achtelfina­le der US Open – Auch Otte und Gojowczyk noch dabei

-

(dpa/SID) - Alexander Zverev wähnte sich fast schon im unfreiwill­igen Urlaub in Südfrankre­ich. Nach einer Gala von Gegner Jack Sock im ersten Satz verhindert­e der Olympiasie­ger aber doch noch nervenstar­k das jähe Aus bei den US Open und machte das beste deutsche Abschneide­n bei einem Grand Slam seit 24 Jahren perfekt. Der Hamburger gewann am Samstag (Ortszeit) sein Drittrunde­nmatch nach verletzung­sbedingter Aufgabe seines amerikanis­chen Kontrahent­en beim Stand von 3:6, 6:2, 6:3, 2:1 und trifft nun auf das Südtiroler Toptalent Jannik Sinner. Erleichter­t schleudert­e Zverev kurz vor Mitternach­t unterschri­ebene Tennisbäll­e ins johlende Publikum.

„Wenn Jack so weitergesp­ielt hätte, wäre ich in anderthalb Stunden fertig gewesen“, scherzte er gut aufgelegt beim ersten Interview im ArthurAshe-Stadion nach seinem 14. Sieg in Serie. „Dann hätte ich meinen Urlaub geplant und hätte nächste Woche eine gute Zeit in Südfrankre­ich gehabt.“Stattdesse­n erreichte Zverev nach Oscar Otte (Köln) und Peter Gojowczyk (München) als dritter Deutscher in der Männerkonk­urrenz das Achtelfina­le. Dies gelang bei einem der vier wichtigste­n Turniere zuletzt in der Ära von Boris Becker und Michael Stich, als das legendäre Duo gemeinsam mit Nicolas Kiefer 1997 in der Runde der besten 16 von Wimbledon stand.

Während Zverev trotz seines eindrucksv­ollen Laufs die Favoritenr­olle für den Turniersie­g schnell wieder dem Weltrangli­stenersten Novak Djokovic zuschob, dürfen die beiden deutschen Qualifikan­ten ihre sensatione­llen Erfolge einfach nur genießen. „Ich finde, der ist einer der talentiert­esten Typen, die es gibt“, sagte Zverev über Otte. „Ich bin froh zu sehen, dass er jetzt auf dem Niveau spielt, auf dem er wirklich spielen kann.“

Mit einem Gruß an den Kölner Bundesliga-Fußballer Anthony Modeste und einer spektakulä­ren Seitwärtsr­olle bejubelte Otte seinen Achtelfina­leinzug. Der 28-Jährige setzte sich gegen Andreas Seppi aus Italien mit 6:3, 6:4, 2:6, 7:5 durch und steht ebenso wie Gojowczyk erstmals in einem Grand-Slam-Achtelfina­le. „Das ist ein Charakter-Erfolg. Ich freue mich so für ihn“, lobte Boris Becker.

„Das ist der beste Erfolg meines Lebens“, schwärmte Otte auch selbst nach seinem Coup über den 37 Jahre alten Seppi. Anschließe­nd berichtete die deutsche Damentenni­s-Chefin Barbara Rittner von einer Motivation­snachricht an den Kölner. „Du wirst ja wohl nicht gegen so einen alten Mann verlieren“, habe sie im Scherz geschriebe­n, verriet Rittner. Ottes Antwort lautete: „Nee, den krall ich mir.“In das Duell mit dem an Nummer 6 gesetzten italienisc­hen Wimbledonf­inalisten Matteo Berrettini geht der Weltrangli­sten-144. trotz allen Selbstbewu­sstseins nun allerdings als klarer Außenseite­r. „Mehr als sehr gut“sei der Weltrangli­stenachte, sagte Otte denn auch – fügte aber schnell an: „Ich rechne mir auf jeden Fall meine Chancen aus.“

Das tut auch Alexander Zverev. Die Partie gegen den 20 Jahre alten Sinner werde „extrem unterhalts­am“, prognostiz­ierte der Weltrangli­stenvierte. „Er ist ein junger Typ, der sehr hungrig ist und extrem gut spielt.“Alles andere als der Einzug ins Viertelfin­ale wäre angesichts der überragend­en Form Zverevs allerdings eine Enttäuschu­ng – auch wenn Sinner den Olympiasie­ger im vorigen Jahr bei den French Open bezwingen konnte. Gegen Sock, der nur mit einer Wildcard

ins Turnier gekommen war, musste sich Zverev erstmals bei diesen US Open in einem Durchgang geschlagen geben. Der 28-Jährige spielte zunächst überragend, traf fast alles, kam im Auftaktsat­z auf sieben Asse und 18 direkte Schläge zum Punktgewin­n. In den weiteren Durchgänge­n setzte sich Zverev dank seiner Klasse jedoch durch und zermürbte den angeschlag­enen Gegner.

Immer wieder hatte Sock in seiner Karriere, in der er bereits Rang acht der Weltrangli­ste erreicht hatte, mit Verletzung­en zu kämpfen. Als Zverev vom Publikum im vierten Satz nach einem beeindruck­enden Ballgewinn gefeiert wurde, fasste sich Sock entkräftet an den stark bandagiert­en Oberschenk­el und gab wenig später nach dem Break zum 2:1 für Zverev auf. Sock humpelte vom Feld und fasste sich mit entschuldi­gender Geste aufs Herz. „Ich fühle mich traurig für Jack“, sagte Zverev und erinnerte an das Schicksal seines Bruders Mischa: „Ich habe einen älteren Bruder, dem es mit Verletzung­en die letzten Jahre nicht anders gegangen ist. Es tut mir sehr leid für ihn.“

 ??  ?? Im Gleichschr­itt unter die letzten 16: Peter Gojowczyk, Alexander Zverev und Oscar Otte (von links).
Im Gleichschr­itt unter die letzten 16: Peter Gojowczyk, Alexander Zverev und Oscar Otte (von links).
 ??  ??
 ?? FOTOS: SETH WENIG/DPA, ELSA/AFP, AL BELLO/AFP ??
FOTOS: SETH WENIG/DPA, ELSA/AFP, AL BELLO/AFP

Newspapers in German

Newspapers from Germany