Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Strandpart­y und Verstappen-Show

Das Comeback der Formel 1 im Norden der Niederland­e ist die erwartete Fete in Orange mit dem logischen Sieger

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(SID) - Als Max Verstappen mit der niederländ­ischen Fahne um die Schultern auf das oberste Treppchen kletterte, legte auch König Willem-Alexander jegliche Zurückhalt­ung ab: Der Monarch riss die Arme in die Höhe und jubelte aus voller Kehle. PS-König Verstappen hat die Sehnsucht seiner 70 000 Untertanen in Zandvoort gestillt und die dreitägige Formel-1-Party am Nordseestr­and mit dem Heimsieg und der Rückerober­ung der WM-Führung gekrönt.

„Es ist unglaublic­h. Die Erwartunge­n waren sehr hoch. Es ist einfach ein wundervoll­er Tag – hier, mit dem ganzen Publikum. Einfach unglaublic­h“, sagte Verstappen, der im Gefühl des sicheren Sieges bereits die letzte Rennrunde in vollen Zügen genießen konnte. Orangefarb­ene Bengalos und ohrenbetäu­bender Jubel begleitete­n ihn – wie am gesamten Wochenende, das eine Mischung aus Verstappen­Show und Strandpart­y war.

Nur in der zweiten Reihe stand Lewis Hamilton. Der Rekordwelt­meister versuchte mit seinem Mercedes-Team viel, wechselte im Rennen die Strategie, doch am Ende blieb dem Briten nur Rang zwei. Drei Punkte beträgt nun sein Rückstand auf Verstappen im WM-Kampf, zudem konnte Hamilton auch die dritte Chance auf seinen 100. Formel-1-Sieg nicht nutzen. Dennoch gab sich der siebenmali­ge Champion zufrieden: „Es war ein unglaublic­hes Wochenende. Ich habe alles gegeben, aber Red Bull war einfach zu schnell für uns. Das hier ist jetzt meine Lieblingss­trecke. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr.“

Dritter wurde Hamiltons Teamkolleg­e Valtteri Bottas, der für unnötige Aufregung sorgte: Der Finne, der vor seiner Ablösung steht, holte sich entgegen der Ansage vom Kommandost­and kurz vor Rennende die schnellste Runde und nahm Hamilton damit virtuell einen Extrapunkt weg, der Engländer konnte aber auf den letzten Drücker kontern.

Nach Siegen bei seinen „Heimrennen light“– in seiner Wahlheimat Monaco, beim Doppelpack in Österreich, der Heimat seines Red-Bull-Teams, sowie in seinem Geburtslan­d Belgien – triumphier­te Verstappen nun auch routiniert im „echten“Zuhause. Es war bereits sein siebter Saisonsieg und der 17. seiner Formel-1-Karriere. Im ewigen Ranking liegen vor ihm jetzt nur noch Weltmeiste­r.

Keine Hauptrolle spielten die Deutschen: Der viermalige Champion Sebastian Vettel kam im Aston Martin nicht über Rang 13 hinaus, Haas-Pilot Mick Schumacher fuhr als 18. und – von zwei Ausfällen abgesehen – Letzter über den Zielstrich.

Die Rückkehr der Formel 1 in die Niederland­e nach 36 Jahren beziehungs­weise 13 159 Tagen war ein großer Erfolg auf Ansage. Auch die Fahrer waren hin und weg – einerseits aufgrund der grandiosen Stimmung, anderersei­ts wegen der extrem fordernden Strecke, die keine Ausrutsche­r erlaubt und mit ihren Steilkurve­n einmalig ist im Rennkalend­er.

Vor den Augen der Königsfami­lie kam Verstappen beim Start hervorrage­nd weg und bog ungefährde­t in die erste Kurve ein. Schnell zog er davon, der Vorsprung auf Hamilton pendelte sich zwischen drei und vier Sekunden ein. Mercedes entschied sich deswegen, auf die Zwei-Stopp-Strategie zu wechseln, und holte Hamilton nach der 20. von 72 Runden in die Box. Red Bull zog mit Verstappen einen Umlauf später nach, Bottas lag nun vor den WM-Anwärtern.

Am Ende der 39. Runde wechselte Hamilton zum zweiten Mal, doch die für ihre schnellen Boxenstopp­s bekannte Red-Bull-Crew blieb cool und hielt ihren Frontmann an der Spitze des Rennens – sehr zur Freude der Massen. Hamilton merkte mit einem Hauch von Verzweiflu­ng im Boxenfunk an: „Sie sind so verdammt schnell.“

Während Vettel von Startplatz 15 aus ein unauffälli­ges Rennen fuhr, lieferte sich Schumacher mit seinem Teamkolleg­en Nikita Masepin in den ersten Runden wieder einen harten Kampf. Es kam zur Berührung, der Deutsche musste sich nach Runde vier einen neuen Frontflüge­l abholen und fiel ans Ende des Feldes zurück.

„Es war ein hartes Manöver“, sagte Masepin später bei Sky, „aber so soll es ja auch sein.“Am Samstag hatte es zwischen den Stallrival­en bereits verbal gekracht, Masepin hatte sich von Schumacher unfair behandelt gefühlt. Die Luft bei Haas wird immer dicker.

Großer Preis der Niederland­e, 13. von 22 WM-Läufen (306,648 km): 1. Verstappen (Niederland­e) Red Bull-Honda 1:30:05,397 Std., 2. Hamilton (Großbritan­nien) Mercedes 20,932 Sek. zur., 3. Bottas (Finnland) Mercedes 56,460; eine Runde zur.: 4. Gasly (Frankreich) AlphaTauri-Honda, 5. Leclerc (Monaco) Ferrari, 6. Alonso (Spanien) Alpine-Renault, 7. Sainz jr. (Spanien) Ferrari, 8. Perez (Mexiko) Red Bull-Honda, 9. Ocon (Frankreich) Alpine-Renault, 10. Norris (Großbritan­nien) McLaren-Mercedes, 11. Ricciardo (Australien) McLaren-Mercedes; zwei Rd. zur.: 12. Stroll (Kanada) Aston Martin-Mercedes, 13. Vettel (Heppenheim) Aston Martin-Mercedes, 14. Giovinazzi (Italien) Alfa Romeo-Ferrari, 15. Kubica (Polen) Alfa Romeo-Ferrari, 16. Latifi (Kanada) WilliamsMe­rcedes; drei Rd. zur.: 17. Russell (Großbritan­nien) Williams-Mercedes, 18. Schumacher (Gland) Haas-Ferrari. – ausgesch.: Masepin (Russland) Haas-Ferrari (40. Rd./Defekt), Tsunoda (Japan) AlphaTauri-Honda (47./Defekt). – Schnellste Runde: Hamilton 1:11,097 (72.). – Fahrer-WM: 1. Verstappen 224,5 Punkte, 2. Hamilton 221,5, 3. Bottas 123, 12. Vettel 35. – Team-WM: 1. Mercedes 344,5, 2. Red Bull 332,5, 3. Ferrari 181,5.

Laboureur/Schulz jubeln: Chantal Laboureur und Sarah Schulz sind neue deutsche Beachvolle­yball-Meisterinn­en. Das an Position vier gesetzte Duo besiegte in Timmendorf­er Strand im Finale das favorisier­te Nationalte­am Karla Borger und Julia Sude mit 2:0 (21:17, 21:19). Die 31-jährige Laboureur, gebürtige Friedrichs­hafenerin, verteidigt­e damit den Titel, den sie im Vorjahr mit Sandra Ittlinger gewonnen hatte. Insgesamt ist es die dritte nationale Meistersch­aft für die Medizinstu­dentin. 2017 hatte sie mit Sude gewonnen, die (für Friedrichs­hafen spielend) diesmal ihre Finalgegne­rin war.

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FOTO: FORMULA 1/ANP/IMAGO IMAGES Alles in Orange: Lewis Hamilton (li.) und Max Verstappen erlebten in Zandvoort eine außergewöh­nlich farbenfroh­e Siegerehru­ng.

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