Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Tod eines Supercoolen
Schauspieler Jean-Paul Belmondo ist im Alter von 88 Jahren gestorben
- Eines der letzten Fotos von Jean-Paul Belmondo stammt von seinem 88. Geburtstag im April. „Bébel“wie der Schauspieler in Frankreich liebevoll genannt wird, sitzt neben seinem Bruder Alain, hinter ihm die Kinder und Enkel. Der Darsteller so vieler Actionfilme wirkt müde. Er sei seit einiger Zeit erschöpft gewesen, berichtet sein Freund und Anwalt Michel Godest im Fernsehsender BFMTV. Am Montag starb Belmondo in Paris.
Dem Phänomen des Filmstars mit dem Boxergesicht wurden schon zu Lebzeiten viele Worte gewidmet, doch am besten brachte es wohl der Regisseur Quentin Tarantino beim Festival Lumière in Lyon 2013 auf den Punkt: „Belmondo ist nicht nur der Name eines Filmstars, nicht nur der Name eines Mannes, sondern ein Wort, das Vitalität, Charisma, Geistesstärke beschreibt. Es bedeutet supercool zu sein.“Dabei hatte der Schauspieler lange darauf warten müssen, dass seine Arbeit anerkannt wird. Im Gegensatz zu seinem Rivalen Alain Delon war Belmondo zwar beim Publikum beliebt, wurde aber von der Kritik geschmäht. Erst 1988 bekam der stets braun gebrannte Mann mit dem breiten Lächeln den Filmpreis „César“für seine Rolle im Film „Der Löwe“. In seiner eigenen wurstigen Art ging er nicht einmal zur Zeremonie, um die Auszeichnung abzuholen. Sie kam für ihn eindeutig zu spät.
Bereits in den 1950er-Jahren hatte der Sohn eines Bildhauers und einer Tänzerin am Pariser Konservatorium seine Ausbildung begonnen, die ihm lebenslange Freundschaften, beispielsweise zum Schauspieler Jean Rochefort, einbrachte. Schlagartig bekannt wurde Belmondo durch Jean-Luc Godard, unter dessen Regie er 1960 im Gangsterfilm „Außer Atem“einen Kleinkriminellen spielte. Er wurde zu einem der Stars der Nouvelle Vague und drehte mit Regisseuren wie Louis Malle, Claude Chabrol, Claude Sautet und François Truffaut. Doch die Französinnen und Franzosen liebten ihn vor allem in der Rolle des kleinen Gauners, der sich frech grinsend immer wieder aus unmöglichen Situationen lavierte, seinen Verfolgern ein Schnippchen schlug und mit seinem athletischen Körper immer wieder den kniffligsten Situationen entkam. Unvergessen bleibt das Bild von ihm, wie er in „Angst über der Stadt“an einem Seil befestigt im Helikopter über Paris hinweg fliegt. „Ich machte das, weil es mich amüsierte“, sagte er zu seinen Actionszenen. Belmondo sei ein „Monument des französischen Films“gewesen, würdigte der Schauspieler Pierre Torreton seinen Kollegen.
130 Millionen Zuschauer zogen seine insgesamt 80 Filme in die Kinos – eine Popularität, die kaum ein anderer erreichte. Allein fünf Millionen Menschen sahen Belmondo 1963 in der Actionkomödie „Abenteuer in Rio“. „Unter unseren großen Schauspielern gewann er deutlich die Auszeichnung des Publikums“, schrieb Präsident Emmanuel Macron nach der Todesnachricht. „Er wird auf ewig der Teufelskerl bleiben“, erklärte er in Anspielung auf Belmondos gleichnamigen Film 1973. Bereits 2019 hatte Macron Belmondo zum Offizier der Ehrenlegion gemacht - ein Titel, auf den der Schauspieler stolz war. Auch auf seinem letzten Geburtstagsfoto trug er im Knopfloch seines Sakkos die Rosette, die die Auszeichnung symbolisiert.
2001 hatte Belmondo einen Schlaganfall erlitten, dessen Folgen ihn seither beeinträchtigten. Dennoch heiratete er 2002 noch einmal und bekam im Alter von 70 Jahren seine jüngste Tochter Stella, die drei mehrere Jahrzehnte ältere Geschwister hat. Das Privatleben des Schauspielers sorgte jahrzehntelang für Schlagzeilen: Seine Kinder, seine späte Vaterschaft, seine Liebschaften, seine attraktiven Filmpartnerinnen und die Ehe mit der Schauspielerin Ursula Andress. Dabei hatte sein Lehrer am Konservatorium ihm einst vorhergesagt, dass er mit seinem zerknautschten Gesicht nie eine Frau im Arm halten könne. Er irrte sich gewaltig.