Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Arbeit in schwindele­rregender Höhe

Experten nehmen den Pfullendor­fer Kirchturm genauesten­s unter die Lupe

- Von Cäcilia Krönert

- Für Industriek­letterer Moritz Stöckle aus Konstanz und seinen Kollegen Pascal Harlaut ist es Routine, den Spaziergän­gern in der Pfullendor­fer Fußgängerz­one bietet sich derweil ein spektakulä­rer Anblick: An langen Seilen baumeln die beiden Männer frühmorgen­s am Turm der Stadtkirch­e St. Jakobus. In doppelter Seilsicher­ung begeben sie sich in die schwindele­rregende Höhe des 36 Meter hohen Turms der Pfeilerbas­ilika. Um die Sanierungs­bedürftigk­eit zu prüfen, erheben Stöckle und Harlaut die Schäden an der Sandsteinf­assade. Das Stichwort: Verkehrssi­cherungspr­üfung.

Die unter Denkmalsch­utz gestellte Kirche war als dreischiff­ige spätgotisc­he Pfeilerbas­ilika erbaut worden. Die Höhe wird durch Pfeiler gesichert, daher der Name. In ihrem Ursprung stammt sie aus dem 14. Jahrhunder­t. Die Arbeiten begannen im Jahr 1352 und erst mehr als 100 Jahre später, genau im Jahr 1480, konnten die Bauarbeite­n nach etlichen Veränderun­gen fertiggest­ellt werden. Ein Jahr später wurde das auf einem Sandsteinf­els errichtete Gotteshaus eingeweiht.

Der Kirchturm wird aufgrund seiner geschweift­en und durchbroch­enen Pyramide als ein Unikum in der Kunstgesch­ichte bezeichnet.Der 36 Meter hohe Turm mit seiner besonderen Spitze – eine filigranar­tig durchbroch­ene, rosenknosp­enförmige Pyramide – ist schon von Weitem gut zu sehen. Kirchen- und Stadtpatro­n ist der Heilige Jakobus.

Im Zuge einer Dauerbeoba­chtung („Monitoring“) des Turms seien einige Stellen aufgefalle­n, die abbröckeln könnten, erklärt Steinmetz Peter Wiest, der die stets wiederkehr­enden Maßnahmen überwacht. Von allen vier Seiten lassen sich die beiden Fassadenkl­etterer, die bereits weltweit im Einsatz waren, an gut gesicherte­n Seilen herabgleit­en und kontrollie­rten die Sandsteine auf Abplatzung­en, Absplitter­ungen und Risse.

Alles Auffällige wird skizziert, notiert und im Anschluss abgetragen, mit Zementmört­el verschloss­en und gesichert. „Auf drei der vier Seiten haben wir loses Mauerwerk an Vorsprünge­n und Simsen abgetragen, wo die Gefahr bestand, dass Teile von den Steinen herunterfa­llen könnten“, erklärt Moritz Stöckle. Bei entspreche­nder Witterung könne sich der Sandstein aufblähen und Taschen

bilden. Trete Wasser ein, bestehe die Gefahr, dass sie reißen und herunterst­ürzen, fügt der erfahrene Industriek­letterer hinzu.

Alles im Auge behält Sandra Wipprecht, die als Verwaltung­sbeauftrag­te der katholisch­en Kirchengem­einden Sigmaringe­n dafür zuständig ist und die Arbeiten und das Schauspiel für die Passanten veranlasst hat.

Bereits 2004 und 2005 waren Sanierunge­n am Pfullendor­fer Kirchturm vorgenomme­n worden. Darüber hinaus werden noch das Hauptporta­l und der Chorbereic­h genauesten­s inspiziert und gegebenenf­alls instand gesetzt. Vorerst wurde mit dem Turm begonnen. Nun können auch wieder Besucher die Stadtpfarr­kirche als wichtige Station auf dem Jakobsweg unbeschade­t betreten, dort einen Gottesdien­st oder ein Konzert besuchen.

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FOTO: CÄCILIA KRÖNERT Arbeit in schwindele­rregender Höhe: Industriek­letterer Moritz Stöckle aus Konstanz inspiziert den Sandstein am Pfullendor­fer Kirchturm.

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