Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wer zahlt, schafft an

- Von Guido Bohsem ●» politik@schwaebisc­he.de

Das Grundgeset­z ist absolut eindeutig. Deutschlan­d ist ein Bundesstaa­t. Laut Artikel 79 kann das auch nicht geändert werden, auch nicht mit einer Zweidritte­lmehrheit. Wer die Gliederung in Bund und Länder abschaffen möchte, muss schon eine neue Verfassung beschließe­n. Mehr noch, diese Ewigkeitsg­arantie erfasst nur noch einen anderen Artikel des Grundgeset­zes, nämlich den ersten. Dass die staatliche Gliederung des Landes ebenso fest verankert ist wie „Die Würde des Menschen ist unantastba­r“, zeigt die enorme Bedeutung des Föderalism­us für die Mütter und Väter des Grundgeset­zes – gerade auch als Vorbeugung vor einer Zentralmac­ht.

Doch der Föderalism­us steckt in der Krise. Von den knapp 550 Gesetzen zum Beispiel, die der Bundestag in den vergangene­n vier Jahren verabschie­det hat, landeten nur sieben im Vermittlun­gsausschus­s zwischen dem Parlament und dem Bundesrat – und das, obwohl die Mehrheitsv­erhältniss­e in den Kammern nicht unterschie­dlicher hätten sein können.

Daran zeigt sich, wie wenig Wert die Länder derzeit auf ihre konstituti­onelle Machtposit­ion legen, und wenn sie es dann doch tun, kommen Beschlüsse heraus, die ihren Einfluss weiter schwächen. Bestes Beispiel dafür ist die Ganztagsbe­treuung. Das Thema Bildung fällt in die Zuständigk­eit der Länder. Hier könnten sie ihre Kompetenze­n ausspielen. Doch erst als der Bund zusagte, sich massiv an der Finanzieru­ng zu beteiligen, stimmten die Länder einer Ganztagsbe­treuung zu. Die Begründung: Man habe sonst kein Geld dafür gehabt. Besser müsste es wohl heißen, das Thema war es den Ländern nicht wert, das Geld zu besorgen.

Wer zahlt, schafft an, heißt es so schön, und das wird der Bund auch bei der Ganztagsbe­treuung geltend machen, natürlich auf Kosten der Länder. Ihr Einfluss und ihre Bedeutung für die lokale Politik schwindet und schwindet. Wenn das so weitergeht, wird Deutschlan­d zwar immer noch in Bundesländ­er gegliedert sein, weil es das Grundgeset­z so verlangt. Von der ursprüngli­ch gemeinten Machtaufte­ilung bleibt aber nur noch wenig übrig.

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