Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Welt im permanenten Stresstest
Wir erinnern uns, als zu den vergleichsweise gemütlichen Zeiten der Finanzkrise im befremdlich unauffälligen Jahr 2008 Banken reihenweise an den Rand des Ruins – einige sogar darüber hinaus – taumelten. Und plötzlich war der Begriff des BankenStresstests geboren und bald allgegenwärtig. Damit wollte sich die Politik rückversichern, dass ihr die angeschlagenen Geldhäuser bei der nächsten monetären Unpässlichkeit nicht gleich um die Ohren fliegen.
Das Phänomen des Stresstests hat sich inzwischen über alle möglichen
Bereiche des privaten, öffentlichen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Lebens gelegt. Klima und Umwelt nicht zu vergessen, die ja auch unter ständigem Stress stehen. Böse Zungen behaupten – denen wir an dieser Stelle natürlich widersprechen – einzig das Berufsbeamtentum habe sich bislang erfolgreich gegen jedwede Form von Stresstest widersetzen können. Das aber stimmt wie gesagt nicht, schon allein deshalb, weil ja auch Freizeitstress ein weit verbreitetes Phänomen ist.
Der deutsche Philosoph Immanuel Kant hat gesagt: „Geschäftige Torheit
ist der Charakter unserer Gattung.“Was ja nichts anderes bedeuten soll, als dass das gepflegte Nichtstun und damit die aktive Stressvermeidung klug und edel sind. Herr Kant brauchte übrigens zehn Jahre, um sein berühmtes Hauptwerk „Kritik der reinen Vernunft“aufzuschreiben. Der hat sich also wahrscheinlich auch kein Bein ausgerissen. Wir wollen es ihm gleich tun, und an dieser Stelle mit dem Schreiben aufhören, bevor uns der Stress noch umbringt. (nyf)