Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Väter begehen Hälfte der Missbrauch­sfälle in Familien

Opfer der Taten sind zu fast 90 Prozent Mädchen – Kommission legt neue Untersuchu­ng vor

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(dpa/AFP) - Bei sexuellem Missbrauch von Kindern in Familien sind Täter ganz überwiegen­d Männer und die Opfer meist Mädchen – das hat eine Auswertung von Berichten über Taten in vergangene­n Jahrzehnte­n ergeben. 87 Prozent männliche und 13 Prozent weibliche Täter wurden in der Untersuchu­ng der Unabhängig­en Kommission zur Aufarbeitu­ng sexuellen Kindesmiss­brauchs verzeichne­t, die am Dienstag in Berlin vorgestell­t wurde.

Laut den in den Berichten über Taten aus vergangene­n Jahrzehnte­n waren fast die Hälfte der Täter (48 Prozent) leibliche Väter, Pflegeväte­r und Stiefväter. Außerdem nannten die Opfer Groß- und Stiefonkel, Brüder, Großväter und andere Verwandte. Zehn Prozent der 1153 angegebene­n Täter und Mittäter waren Mütter.

Unter den Opfern waren knapp 89 Prozent Mädchen und weibliche Jugendlich­e und zehn Prozent männlich. In einigen Fällen wurde das Geschlecht nicht angegeben. Die jüngsten Menschen, die sich an die Kommission wandten, waren zwischen 16 und 21 Jahre alt, die ältesten zwischen 76 und 80 Jahre. Die meisten

Berichte stammten von Menschen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren.

Die Kommission wurde 2016 von der Bundesregi­erung einberufen und wertete für die Studie zu sexuellem Missbrauch in Familien 870 Berichte aus. Dazu gehörten 816 Fälle von Betroffene­n, 35 von Angehörige­n und 19 von weiteren Zeitzeugen. 680 Berichte erfolgten mündlich und 190 schriftlic­h. Zwischenbe­richte zu weiteren Aspekten des Themas wurden bereits 2017 und 2019 veröffentl­icht.

Die Opfer wurden von den Tätern bedroht, geschlagen oder regelrecht verprügelt. Andere Familienan­gehörige, besonders Mütter, glaubten oder halfen ihnen oft nicht und duldeten den Missbrauch. Ebenso fehlte Hilfe von Schule oder Jugendämte­rn.

Geholfen hätten den Kindern Informatio­nen darüber, an wen sie sich hätten wenden können, und gut informiert­e Erwachsene in ihrem Umfeld. Vertrauens­personen benötigten ihrerseits Unterstütz­ung und Beratung, um das Kind schützen zu können, so die Kommission. Vertrauens­personen außerhalb der Familie, etwa in Schule oder Verein, müssten wissen, wie sie helfen können.

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