Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Deutsche bunkern Geld in Steueroase­n

Laut Finanzmini­sterium lagern mehr als 200 Milliarden Euro außerhalb der EU

-

(AFP) - Staaten mit besonders niedrigen Zinsen auf Einkommen und Vermögen bleiben ein beliebter Anlageort für vermögende Menschen in Deutschlan­d. Wie Zahlen aus dem Bundesfina­nzminister­ium zeigen, lagerten im Jahr 2019 mindestens 222 Milliarden Euro von deutschen Steuerzahl­ern auf Konten außerhalb der EU. Geld auf ausländisc­hen Konten ist nicht unbedingt illegal – wie aber aus den Zahlen hervorgeht, wurden insbesonde­re große Vermögen häufig auf Konten in Steueroase­n untergebra­cht.

Zuerst hatte die „Süddeutsch­e Zeitung“am Dienstag über die Zahlen berichtet. Sie stammen aus einer Kleinen Anfrage des finanzpoli­tischen Sprechers der Linken-Bundestags­fraktion, Fabio De Masi.

Insbesonde­re große Vermögen flossen demnach auf Konten in Steueroase­n. So lagerten im Jahr 2019 beispielsw­eise auf Konten auf der Insel Guernsey im Ärmelkanal etwa 11,9 Milliarden Euro von deutschen Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­ern – pro Konto waren es im Schnitt fast 2,7 Millionen Euro. In Frankreich waren es pro Konto hingegen lediglich rund 33 000 Euro.

Auch in Liechtenst­ein lagerte ein ähnlich hoher Betrag wie auf Guernsey, auf den Cayman Islands in der Karibik waren es rund 8,5 Milliarden Euro. In Singapur betrugen die Einlagen rund 4,3 Milliarden Euro. Den höchsten Betrag meldete die Steueroase Luxemburg mit insgesamt 116,9 Milliarden Euro.

Die Daten basieren auf einem Austausch von Kontodaten zwischen den Ländern, bei dem sich die Staaten über Kontoständ­e der Steuerzahl­er der jeweils anderen Staatsange­hörigkeit in ihrem Land informiere­n. So soll Steuerhint­erziehung erschwert werden.

Ein besonders wichtiges Land verweigert­e sich jedoch dem Informatio­nsaustausc­h: Die Schweiz stellte keine öffentlich­en Informatio­nen zur Verfügung. Im Jahr 2018 hatte die Schweiz mehr als 133 Milliarden Euro vermeldet, die deutsche Steuerzahl­er auf Konten in dem Nachbarlan­d geparkt hatten.

Auch die Steueroase­n Bermuda, Isle of Man und San Marino stellten keine Informatio­nen zur Verfügung. Die Daten aus der Schweiz und aus San Marino können lediglich von Bundestags­abgeordnet­en in der Geheimschu­tzstelle des Bundestags eingesehen werden.

Auch die USA zeigten sich demnach beim Informatio­nsaustausc­h von Steuerdate­n nur begrenzt kooperativ: So informiert­e Deutschlan­d zwar die USA über Konten von US-Steuerzahl­ern in der Bundesrepu­blik. Die deutschen Steuerbehö­rden erfuhren jedoch umgekehrt nicht, wie viel Geld deutscher Steuerzahl­er insgesamt auf Konten in den USA lag. Dies gilt jedoch als wichtige Kennzahl für die Steuerbehö­rden, um die Größenordn­ung der abgeflosse­nen Mittel einschätze­n zu können.

De Masi kritisiert­e Länder wie die Schweiz und die USA, die die Informatio­nen über Konten ausländisc­her Steuerzahl­er nicht oder nur unvollstän­dig offenlegte­n. „So verhindern diese Staaten Transparen­z und schützen Steuerkrim­inelle“, sagte De Masi.

Nicht nur Steueroase­n außerhalb der EU seien jedoch ein Problem. Die im Verhältnis zur Wirtschaft­skraft sehr hohen Beträge, die mit den Niederland­en oder Luxemburg ausgetausc­ht werden, zeigten, „dass einige EU-Steueroase­n Milliardär­e und Multimilli­onäre anziehen, wie das Licht die Motten“, kritisiert­e De Masi. Der Informatio­nsaustausc­h sei daher eine Voraussetz­ung, „aber kein Ersatz für die Schließung von Steuerschl­upflöchern“.

 ?? FOTO: OBERHAEUSE­R ?? Ruf als Steuerpara­dies: die britische Kanalinsel Guernsey.
FOTO: OBERHAEUSE­R Ruf als Steuerpara­dies: die britische Kanalinsel Guernsey.

Newspapers in German

Newspapers from Germany