Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Im Kampf gegen das Chaos im Universum
Science Fiction im Heftchen – Der Fortsetzungsroman „Perry Rhodan“wird an diesem Mittwoch 60 Jahre alt
(epd) Seinen Namen verdankt er einem japanischen Monster und einem amerikanischen Anwalt: Aus der Flugechse Rodan der Godzilla-Schmiede und der Anwaltsserie „Perry Mason“bastelten zwei findige deutsche Science-Fiction-Autoren den Weltraumhelden „Perry Rhodan“. So erzählt es der promovierte Germanist Hartmut Kasper, der als Wim Vandemaan für die Serie schreibt. „Perry Rhodan“ist die langlebigste Science-Fiction-Fortsetzungsgeschichte der Welt. Vor 60 Jahren – am 8. September 1961 – erschien das erste Heft.
Aktuell ist Rhodan nach mehr als 3130 Heften wieder in den Tiefen des Alls mit seinen Gefährten unterwegs, um sich den Chaosmächten des Universums, den „Chaotarchen“, entgegenzustellen. In der Zeitrechnung Rhodans wird aktuell das Jahr 5658 geschrieben. Rhodan selbst dürfte mehr als 3600 Erdenjahre auf dem Buckel haben. Ein von einer Superintelligenz verliehener Zellaktivator konserviert ihn jedoch seit Tausenden von Jahren als einen Mann in den Enddreißigern.
In den 80er-Jahren soll die wöchentliche Druckauflage bei einem Höchststand von 750 000 gelegen haben, wie Chefredakteur Klaus Frick dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Allein die Hauptserie erschien parallel in fünf Auflagen. Aktuell liegt die Auflage der gedruckten Originalserie laut Chefredakteur Frick bei 60 000 Exemplaren pro Woche. Hinzu komme ein wachsender Markt an EBooks, Hörbüchern und zahlreichen Sonderveröffentlichungen. In der Reihe „Perry Rhodan Neo“wird die Geschichte in modernisierter Form noch einmal neu erzählt.
Die in Deutschland ersonnenen wöchentlichen Weltraum-Abenteuer spiegelten im Jahr des Mauerbaus zunächst die Atmosphäre des „Kalten Kriegs“. Zugleich profitierte die Serie von einer Raumfahrt-Euphorie, die durch den ersten bemannten Flug in den Weltraum mit dem sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin und der berühmten Rede des USPräsidenten John F. Kennedy, dass ein Amerikaner bald auf dem Mond landen sollte, befeuert wurde.
Mit dem ersten „Perry Rhodan“Heft „Unternehmen Stardust“konnten die Leser in Deutschland bereits 1961 die erste Mondlandung erleben – im Roman findet sie im Jahr 1971 statt – zwei Jahre nach der ersten tatsächlichen Mondlandung des Amerikaners Neil Armstrong. Perry Rhodan stößt als US-Astronaut mit seinen drei Kameraden auf dem Mond auf gestrandete Angehörige einer technisch überlegenen Rasse. Mit Hilfe ihrer überlegenen Technik gründet Rhodan auf der Erde den unabhängigen Staat die „Dritte Macht“und kann mit der Zerstörung der Atomraketen der Großmächte den Dritten Weltkrieg verhindern.
Besonders in der Anfangszeit war die Serie mit ihren Raumschlachten oft recht militärisch. Einer der beiden Gründungsautoren, Karl-Herbert Scheer, sei von U-Booten und Technik fasziniert gewesen, räumt Rhodan-Autor Kasper ein, der auch als Exposé-Autor die Handlungsbögen entwickelt. Der zweite Gründungsautor Walter Ernsting, der sich Clark Darlton nannte, habe den Krieg gehasst. Das habe zu einem Zusammenspiel von den martialischen Gestalten von Scheer und den wesentlich friedfertigeren, auf Ausgleich bedachten Figuren von Walter Ernsting geführt.
Trotz des Verschwindens der Kioskkultur und einem zunehmenden Wandel auf dem Zeitschriftenmarkt glaubt Chefredakteur Frick, dass es Perry Rhodan noch lange geben wird. Die Zukunft der Serie werde jedoch voraussichtlich stärker im Digitalen liegen. Gedruckte Ausgaben würden langfristig nur noch für Sammler produziert. Schon jetzt sollen alle jemals gedruckten mehr als eine Milliarde Perry-Rhodan-Hefte aufeinander getürmt bis zum Mond reichen.