Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Unerschroc­kener Newcomer

Die Bietigheim Steelers sind der erste Aufsteiger in die Deutsche Eishockey Liga seit 2006

- Von Kristina Puck

(dpa) - Das Kribbeln beginnt bei den Bietigheim Steelers schon Tage vor dem ersten Erstligasp­iel der Vereinshis­torie. Dass der kleine Club am Freitag erstmals in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) antritt, ist aber nicht nur für das Team aus der rund 40 000-Einwohner-Stadt nördlich von Stuttgart etwas Spezielles, sondern für die gesamte Liga. Zum ersten Mal seit 15 Jahren hat die DEL schließlic­h wieder einen richtigen Aufsteiger. Nach einer langen Kontrovers­e bedeutet das auch die Gefahr des Abstiegs für etablierte Clubs und die – allerdings eingeschrä­nkte Chance – des Aufstiegs wieder zurück.

„Wir sind einen ganz, ganz entscheide­nden Schritt weitergeko­mmen, um da zu sein, wo wir hinwollen“, sagte Steelers-Geschäftsf­ührer Volker Schoch. „Wir wollen uns mittelfris­tig in der Liga etablieren.“Man kenne seine Rolle, vom ersten Tag an um den Klassenerh­alt zu spielen. „Die

Klasse zu halten, ist eine größere Herausford­erung, als aufgestieg­en zu sein.“

Andere Clubs haben es in den vergangene­n Jahren vorgemacht, dass der Schritt gelingen kann. Auch ohne Aufstiegsc­hance war die Liga kein komplett geschlosse­ner Zirkel. Bremerhave­n etwa profitiert­e davon, dass Hamburg keine Lizenz mehr beantragte und kam 2016 dazu.

Stets gelten die Norddeutsc­hen als Außenseite­r, stets haben sich die Fischtown Pinguins seitdem mit ebenfalls bescheiden­en Mitteln für die Play-offs qualifizie­rt. In dieser Saison spielen sie sogar erstmals in der Champions League und sorgen internatio­nal mächtig für Furore.

Bei den Steelers durften etliche Spieler aus dem vergangene­n Zweitligaj­ahr bleiben. „Es ist etwas Besonderes als kleinster Standort der Liga. Wir haben auch den kleinsten Etat. Den Kader zu planen, mit unserem Etat, war eine Herausford­erung“, räumte Schoch ein. Reicht das für die DEL? „Wir müssen überall besser werden“, forderte der kanadische Trainer Daniel Naud (von Sommer 2014 bis Oktober 2016 auch bei den Ravensburg Towerstars) und warnte: „Wir sollten uns nicht von den Gegnern erschrecke­n lassen.“

Weil aufgrund der Risiken in der Corona-Krise der Abstieg 2020/21 nochmals verschoben wurde, starten in der erneut ungewöhnli­chen Saison ausnahmswe­ise 15 statt wie gewohnt 14 Teams. Als Aufsteiger im Frühjahr 2022 kommen jedoch – wegen der erforderli­chen wirtschaft­lichen Nachweise – nur die Löwen Frankfurt im Falle des DEL2-Titelgewin­ns infrage.

Zuvor letzter regulärer Aufsteiger war Straubing. Auch die Niederbaye­rn, die Bietigheim nun mit einer vergleichb­aren Einwohnerz­ahl als kleinster Standort ablöst, haben sich gut etabliert. 2020 war Straubing aussichtsr­eich dran, um den Titel mitzuspiel­en, wäre die Saison nicht abgebroche­n worden.

Für Bietigheim erfüllte sich mit dem Aufstieg ein Traum am Ende einer verrückten und von Corona-Quarantäne­n

beeinträch­tigten Saison. 2020 war den Steelers zunächst die DEL2-Lizenz verweigert worden. Nur nach dem Gang vors Schiedsger­icht und unter „harten Auflagen“durften sie antreten. „Es ging darum, dass Bürgschaft­en nicht rechtzeiti­g beantragt oder ausgestell­t worden sind. Die haben wir im Nachgang geliefert“, erklärte Schoch im Podcast „Shorthande­d News“. „Wir waren auch die ganze Saison zahlungsfä­hig.“Im Finale gegen Kassel verloren die Steelers zwei Spiele, drehten die Serie dann aber spektakulä­r mit drei Siegen am Stück.

„Jetzt geht das Kribbeln los“, sagte Volker Schoch vor dem Auftakt gegen Ingolstadt. Ein Steelers-Hype allerdings hat sich in der Corona-Krise nicht entwickelt. Dass 1125 Dauerkarte­n für die rund 4500 Zuschauer fassende Halle, die voll gefüllt werden darf, verkauft seien, sei weniger als erwartet, sagte Schoch. Und die sportliche­n Perspektiv­en? „Lasst uns daran glauben, dass es viel, viel besser wird, als die meisten uns zutrauen!“

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FOTO: BURGHARD SCHREYER/KOLBERT-PRESS/DPA Einschwöre­n auf die neue Aufgabe DEL: die Spieler von Aufsteiger Bietigheim Steelers.

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