Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Räumung von Camp im Hambacher Forst rechtswidrig
Verwaltungsgericht Köln hält Begründung des Landes Nordrhein-Westfalen für vorgeschoben
(dpa/tja) - Die Räumung der Baumhäuser im Hambacher Forst im Herbst 2018 durch die Stadt Kerpen ist einem Gerichtsurteil zufolge rechtswidrig gewesen. Das Verwaltungsgericht Köln verkündete am Mittwoch eine entsprechende Entscheidung, nachdem ein einstiger Baumhaus-Bewohner geklagt hatte.
Das Gericht urteilte, die damals als Begründung genannten Brandschutzbestimmungen seien nur vorgeschoben gewesen. Letztlich habe die Aktion der Entfernung von Braunkohlegegnern aus dem Forst gedient. Das Urteil hat politische Brisanz – die NRW-Landesregierung hatte die Räumung einst angewiesen.
Der Hambacher Forst, der am Rand des Braunkohletagebaus liegt, galt und gilt als Symbol der Auseinandersetzung zwischen Klimaschützern und der Kohlebranche. Im September 2018 rückte ein massives Polizeiaufgebot an, um die über Jahre hinweg von Kohlegegnern in dem Waldstück errichteten Baumhäuser zu räumen.
Die Polizisten leisteten sogenannte Vollzugshilfe. Die Landesregierung hatte die Stadt Kerpen und den Kreis Düren zu der Räumung angewiesen – als Grund wurden Sicherheitsmängel genannt. Damals wollte RWE im Hambacher Forst noch roden. Inzwischen ist geplant, dass das Waldgebiet erhalten bleibt.
Das Verwaltungsgericht Köln erklärte nun, das NRW-Bauministerium habe die Stadt Kerpen damals gegen deren Willen zu der Aktion angewiesen. Dabei habe die Maßnahme ausdrücklich auf baurechtliche Vorschriften gestützt werden sollen – und nicht etwa auf das Polizei- und Ordnungsrecht oder das Forstrecht. In der Begründung habe das Ministerium unter anderem ausgeführt, dass die Baumhäuser baurechtlich unzulässig seien, weil Bestimmungen des Brandschutzes verletzt würden.
Nach Ansicht des Gerichts hatte die Aktion aber verschiedene rechtliche Mängel. Vor allem sei aus der Weisung des Ministeriums erkennbar, dass es letztlich um die Entfernung der Braunkohlegegner aus dem Waldstück gegangen sei. Das aber sei nicht Zweck der angewandten baurechtlichen Regelungen zum Brandschutz. Nach Angaben des Gerichts hat die Entscheidung nun allerdings keine unmittelbaren Folgen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Beteiligten können einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. Über diesen würde das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.
Unstimmigkeiten zwischen Land und Landratsamt gibt es auch bei der Frage, ob ein Camp von Baumbesetzern im Altdorfer Wald (Kreis Ravensburg) geräumt werden soll. Während die Behörde in Ravensburg die Besetzer duldet, würde sich Forstminister Peter Hauk (CDU) eine Räumung wünschen. Er vertritt das Land, dem das betroffene Flurstück gehört. Ein Protestcamp im Münchner Forst Kasten hatte die Polizei dort dagegen geräumt.
In Sachsen waren Zahlen des Robert Koch-Instituts bis einschließlich Montag 52,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft – in Bremen 71,5 Prozent. Auch Brandenburg lag mit 55,6 Prozent unter dem Bundesschnitt von 61,4 Prozent, ebenso Thüringen mit 56,5 und Sachsen-Anhalt mit 58,4 Prozent. Nur MecklenburgVorpommern schaffte 60 Prozent und damit fast den Durchschnitt.
Welche Rolle spielen AfD-Anhänger bei der niedrigen Impfrate?
Nach der Studie „Covid-19 in Sachsen“der Technischen Universität Dresden vom Juni finden sich in dem Bundesland überdurchschnittlich viele Impfskeptiker. Ganze „zwölf Prozent geben sogar an, sich auf keinen Fall impfen zu lassen“, im Vergleich zu knapp fünf Prozent bundesweit. Und es seien „jene Sächsinnen und Sachsen, die sich selbst rechts der Mitte verorten oder der AfD zuneigen, weit häufiger der Auffassung,
sich selbst eher nicht oder auf gar keinen Fall impfen zu lassen“. Studienautor Hans Vorländer differenziert sogar regional innerhalb des Bundeslands. „Es ist offensichtlich, wenn man sich die Wahlergebnisse anschaut: In den Regionen Sachsens mit höheren AfD-Anteilen ist auch die Impfskepsis verbreiteter“, sagte Vorländer.
Liegt der Fall nicht ganz anders?
Andere Experten äußern sich zurückhaltend zu den Ursachen der niedrigen Impfquoten. Das RobertKoch-Institut erklärte auf Anfrage nur: „Hier können wir nicht weiterhelfen. Wir können auch nicht über die Entwicklung spekulieren.“Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen sind die Ursachen „empirisch nicht belegt.“Sprecher Matthias Streit mutmaßte, es spielten sicherlich mehrere Punkte eine Rolle, etwa die Impfbereitschaft in einzelnen Regionen und das Pendeln. Auch der Hamburger Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg sagt: „Einen klaren Grund, warum das im Osten abweicht, kann ich Ihnen nicht sagen.“Die Datenlage sei schwach, die Zahl der im Osten Befragten im regelmäßigen Survey seines Hamburg Center for Health Economics zu gering. Einen Zusammenhang sieht Schreyögg aber mit Zweifeln an der Qualität der Impfstoffe: „Vor allem im Osten sagen in unserem Survey nur 54 Prozent, dass sie Vertrauen in die Impfstoffsicherheit haben.“Im Westen und Norden Deutschlands sind es laut Umfrage 64 Prozent. „Auch strukturelle Aspekte könnten eine Rolle spielen, also das Impfangebot etwa bei Ärzten oder in Impfzentren“, sagte der
Da ist Schreyögg eindeutig: „Wenn die Impfquote so niedrig bleibt im Osten, aber auch in einigen Landkreisen in Bayern, dann wird sich das sich selbstverständlich auswirken auf die Inzidenzen.“Denn man sehe nun „primär eine Inzidenz der Ungeimpften“. Derzeit weist das RKI für die östlichen Bundesländer Fallzahlen unterhalb des Bundesdurchschnitts aus – aus Sicht des sächsischen Sozialministeriums übrigens eine mögliche Erklärung für das geringere Interesse an Impfungen. Der vergangene Herbst und Winter zeigte aber vor allem in Sachsen und Thüringen, dass sich die Lage rasch verschlechtern kann.