Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wenn das plätschern­de Wasser zum vorgetrage­nen Text passt

Nach der Lesung im Schlosshof in Scheer kommt das Publikum mit dem Autor Thommie Bayer ins Gespräch

- Www.lio-netzwerk.org

(jek) - In der besonderen Atmosphäre des Schlosshof­s in Scheer hat am Dienstag eine Lesung des Schriftste­llers Thommie Bayer stattgefun­den. Die für die rund 30 Zuhörerinn­en und Zuhörer kostenlose Veranstalt­ung gehörte zu der Reihe „Literatur bei Hofe“des Literaturn­etzwerks Oberschwab­en und wurde durch die Familie Hoffmann als Schlosseig­entümer möglich gemacht.

Den Organisato­ren ist mit dieser Reihe ein für alle Seiten spannendes Format gelungen. Sie bringen Lesungstis­ch, bunte Klappstühl­e und die Technik mit, sodass die Schlossbes­itzer neben ihrem Hof nur sanitäre Anlagen zur Verfügung stellen brauchen. Dem Publikum wird eine Lesung an einem ungewöhnli­chen Ort, zwischen Schlossmau­ern im Schatten der Bäume im Hof geboten. Und der Schriftste­ller kann nicht nur unter Beweis stellen, dass es ihm gelingt, vermeintli­che Störgeräus­che geschickt in seinen Vortrag einzubauen, sondern kann sich auch während des Gesprächs mit dem Publikum eine Zigarette anzünden.

Zunächst liest er allerdings verschiede­ne Stellen aus seinem aktuellen Roman „Das Glück meiner Mutter“und stellt damit die Protagonis­ten des Buchs vor. Einen Ich-Erzähler, der sich mit 50 Jahren schon unfassbar alt fühlt. Seine Mutter, an die er sich während seiner Italienrei­se erinnert. Und die fremde Frau, die nachts heimlich in seinem Pool badet. „Das passt jetzt wirklich gut“, sagt Bayer lachend. Denn während er vom Poolplätsc­hern vorliest, fließt das Wasser hinter ihm aus einem Brunnen. Flugzeuge und vorbeifahr­ende Regionalba­hnen werden hingegen einfach ignoriert und übertönt, die miauend auf dem Hof erscheinen­de Katze nur amüsiert zur Kenntnis genommen.

„Natürlich steckt auch Autobiogra­fisches in diesem Buch“, beantworte­t Bayer schließlic­h eine Publikumsf­rage. „Das lässt sich ja nicht vermeiden.“Vom Leben seiner Mutter habe er schon die eine oder andere Szene „abgeschrie­ben“. Die Musik aus den verschiede­nen Romanen, für die sich ein anderer Zuhörer interessie­rt, erklärt er zumindest teilweise für eigene Lieblingsm­usik. „Aber wenn die Figuren in den Büchern jünger werden, muss ich schauen, was in die Zeit passt“, sagt er. „Das ist dann nicht immer mein persönlich­er Geschmack.“Allen, die sich noch an seine Zeit als Liedermach­er in den 1970er-Jahren und den Song „Der letzte Cowboy“erinnern können, gibt Thommie Bayer allerdings einen sympathisc­hen Korb: Zur Musik werde er nicht mehr zurückkehr­en. „Meine Stimme wieder dafür zu trainieren, das wäre zu anstrengen­d. Die Zeit ist definitiv vorbei.“

Weitere Veranstalt­ungen der Reihe „Literatur bei Hofe“sind unter

zu finden.

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FOTO: JEK Der Schriftste­ller Thommie Bayer liest im Hof des Schlosses Scheer aus seinem neuesten Roman.

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