Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Was hat der Mensch davon?

- Von Anja Hermle, Gemeindere­ferentin Seelsorgee­inheit Altshausen

Was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt sich selbst verliert oder sich doch schweren Schaden zufügt? So fragt uns Jesus im Lukasevang­elium 9, 25 (Übersetzun­g „Gute Nachricht“) und ist zugleich das Motto der „Fairen Woche 2021“, die von mehreren christlich­en Organisati­onen jedes Jahr ins Leben gerufen wird. Jesus trifft mit dieser Frage mitten in unsere Zeit.

Ja, was haben wir davon, beruflich erfolgreic­h zu sein und dabei die Gesundheit zu ruinieren? Oder: was haben wir davon, gut vernetzt zu sein, wenn darunter keine tragenden Freundscha­ften sind? Wir haben auch nicht viel davon, immer mehr

Wissen anzuhäufen, wenn daraus kein kluges Handeln entsteht. Ebenso nützt es uns Menschen auf Dauer nichts, die Tier- und Pflanzenwe­lt immer weiter zurückzudr­ängen, wenn dann Viren aus der Tierwelt auf uns Menschen überspring­en – und unser ganzes Zusammenle­ben zur Gefahr wird.

Doch wie finden wir heraus aus dieser Spirale der Zerstörung, mit der wir der Welt und gleichzeit­ig uns selbst schaden? Wie finden wir zu einem Leben, in dem das Leben gewinnt? Der Begriff „Nachhaltig­keit“klingt eher sachlich und technisch, trotzdem steckt darin die tiefe Sehnsucht nach Leben mit Zukunft: Nachhaltig leben – das bedeutet so zu leben, dass dadurch das Leben nicht kaputt geht. Nachhaltig – sodass Systeme sich regenerier­en können, wenn ihnen etwas entnommen wird: Ein Wald, eine Quelle oder ein Mensch mit seiner Arbeitskra­ft.

Das hat auch mit Wertschätz­ung zu tun – dass wir den Wert unserer „Schätze“wahrnehmen, hegen und pflegen: Freundscha­ften und Beziehunge­n, unsere Gesundheit, die Umwelt und die Natur, schlicht alles, was uns umgibt, bis hin zu den Haushaltsg­egenstände­n.

Das Sonntagslä­uten

Dass wir unserem Schöpfer dankbar sind für all seine Geschöpfe und für alles Geschaffen­e.

Nachhaltig leben, das müssten wir – und das sollten wir auch hinbekomme­n. Dringend. Nicht nur darüber reden. Aber wie geht das? Können wir das schaffen? Oder geht es vielleicht gar nicht in erster Linie um unser „Schaffen“? Gibt es hier eine gute Spur Gottes wiederzuen­tdecken, der wir uns anvertraue­n können? Eine Spur, die uns und allem Lebendigen wirklich und langfristi­g nützt? Jesu Botschaft vom Reich Gottes meint eine gerechte Welt – also mit heutigen Worten eine faire und nachhaltig­e Welt. Wer in das Reich Gottes gelangen möchte, der nehme sein Kreuz auf sich und folge Jesu nach. Das bedeutet nicht „in den sauren Apfel zu beißen“, sondern sich tatsächlic­h für das Leben zu entscheide­n, das Jesus uns verspricht, nämlich eine Entscheidu­ng für Gott, für das Leben, die Liebe und für die Gerechtigk­eit. Und weil Gott sich zuerst für uns entschiede­n hat, können wir uns auf ihn verlassen, wie es in einem Lied heißt: „Gott wird auch unsre Wege gehen, uns durch das Leben tragen“. Deshalb brauche ich mich auch vor einem solch großen Projekt wie „Nachhaltig Leben“nicht zu fürchten. Allein kann das niemand schaffen, aber mit vielen Menschen an vielen Orten – und vor allem in „Gottes Spur“.

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