Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Das Torfbriket­twerk hat eine lange Geschichte

Seit der Fertigstel­lung des Werkes ist viel passiert – trotzdem war die Arbeit mühsam

- Von Josef Unger

- Waren das noch Zeiten beim Wechsel vom 19. in das 20. Jahrhunder­t: Als in Ostrach der Bürgermeis­ter Johann Georg Müller hieß, Pfarrer Lambert Bumiller Dekan des Kapitels Sigmaringe­n war und er als Abgeordnet­er der Zentrumspa­rtei dem Reichstag angehörte. Sich in jedem Haus ein Handwerk, ein Laden oder eine Landwirtsc­haft befand, die Kiesgewinn­ung von Hand betrieben wurde, viele Kleinlandw­irte von der Göge und dem oberen Linzgau Arbeit als Zuerwerb im Torfbriket­twerk fanden. Damals hieß der Direktor dieses Werkes Ernst John, die Gottesdien­ste fanden in der Verladehal­le der Torffabrik statt, weil die alte Barockkirc­he abgebroche­n und durch die heutige im gotischen Stil erstellt wurde, in der

Pfullendor­fer Straße der Kunstmaler Wilhelm Waldraff Landschaft­s- und Heiligenbi­lder in großer Zahl fertigte und im Auftrag von Direktor John ein Panoramabi­ld vom Werdegang der Torfgewinn­ung im Ried malte. Dem Maler standen Fotos von den einzelnen Stationen zur Verfügung.

Als der Magdeburge­r Ingenieur R. Lange das Torfbriket­twerk erstellte und es am 17. Dezember 1897 eröffnete war die Technisier­ung bereits weit fortgeschr­itten. Was in den Vorjahren von schweißtre­ibender Handarbeit erledigt wurde und man ausschließ­lich auf viel Sonnensche­in angewiesen war, geschah von jetzt ab mit schweren Maschinen und Geräten. Rund 20 Tonnen schwer war der Bagger, dessen Aufgabe es war, den Torfbrei aus der Tiefe bis zu fünf Metern an das Tageslicht zu befördern.

Gleichsam führte eine zweite Kette die gewonnene Masse einem Mischteil zu und übergab diese den bereit gestellten Kipploren. Diese beförderte­n das damals sogenannte „Schwarze Gold“auf Schienenst­rängen zu den weit ausgelegte­n Trocknungs­flächen. Jetzt sorgten Sonnenstra­hlen und Wind für die erste Trocknungs­phase. Der Strom wurde übrigens in einem unweit entfernten, mit Torf und Holz beheizten Kraftwerk erzeugt und per Oberleitun­g dem Bagger zugeführt.

Es ging nicht lange und bedurfte genauer Beobachtun­g des Trocknungs­standes bis es galt den angetrockn­eten Fladen Form zu geben. Dazu bedurfte es eines rechteckig angelegten Stechrahme­ns, der von zwei Männern bedient wurde. Jeder Stich erbrachte, so das Bild, zwölf „Wasen“. Von diesem Augenblick an sorgten überwiegen­d Frauen für die Fortführun­g des Trocknungs­vorganges. Sie setzten die Wasen zu je acht oder zehn Stück auf sogenannt Böcke. Man nannte diese Arbeit nicht umsonst „Wasen bocken“. Der Wassergeha­lt sank weiter und nach sechs bis acht Wochen waren die Wasen transportf­ähig. Der „Rohstoff“für die Bearbeitun­g wurde von Hand auf die bereit gestellten Rollwagen geladen und gelangte per Schmalspur­bahn mit vorgespann­ter Dieselloko­motive entlang der Ostrach zum Torfwerk. Eine Reserve für den Winterbetr­ieb der Fabrik wurde in Hütten untergebra­cht oder im Freien aufgestape­lt. Die Länge dieser Bahn betrug rund sieben Kilometer und hatte als Endstation das mit dem Ostracher Unternehme­n vereinigte Torfwerk Pfrungen bei der heutigen Riedwirtsc­haft. Eine Abzweigung

führte zum Baggersee, dem heutigen Fünfeckwei­her, der auf dem Panorama angedeutet ist. Ganz oben links stehen drei Gebäude der Laubbacher Mühle.

 ?? FOTO: JOSEF UNGER ?? Das Bild zeigt die Torfgewinn­ung im Rahmen der industriel­len Herstellun­g von Torfbriket­ts.
FOTO: JOSEF UNGER Das Bild zeigt die Torfgewinn­ung im Rahmen der industriel­len Herstellun­g von Torfbriket­ts.

Newspapers in German

Newspapers from Germany