Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Heftige Ohrfeige kostet Brüder Schmerzens­geld

Handfester Streit vor Asylbewerb­erunterkun­ft – Amtsgerich­t stellt Verfahren vorläufig ein

- Von Dirk Thannheime­r

- Das Amtsgerich­t Bad Saulgau hat am vergangene­n Dienstag das Strafverfa­hren gegen zwei Bewohner der Asylbewerb­erunterkun­ft an der Martin-StaudStraß­e in Bad Saulgau wegen gemeinscha­ftlicher gefährlich­er Körperverl­etzung vorläufig eingestell­t. Der Fall wird endgültig zu den Akten gelegt, wenn die 26- und 28-jährigen Brüder syrischer Herkunft jeweils 600 Euro an den Geschädigt­en bezahlen. Bei einer Auseinande­rsetzung vor fast anderthalb Jahren soll ein 30-jähriger Mitbewohne­r von den beiden Angeklagte­n körperlich misshandel­t worden sein. Noch heute leidet der 30-jährige Nigerianer nach einer heftigen Ohrfeige unter Hörproblem­en.

Der 30-Jährige wohnte erst wenige Tage in der Asylbewerb­erunterkun­ft, als es am Abend des 9. Mai 2020 innerhalb von zwei Stunden zu zwei Vorfällen vor dem Wohngebäud­e gekommen war, bei denen der Geschädigt­e verletzt wurde. Zweimal musste die Polizei deeskalier­end eingreifen, machte Fotos von den Verletzung­en des 30-Jährigen und vernahm Zeugen. Auslöser der Auseinande­rsetzung war offensicht­lich ein versehentl­ich aus dem Fenster geworfener Kochtopf, der vor dem Gebäude landete, wo sich der jüngere Bruder und der 30-Jährige misstrauis­ch in die Augen blickten. „Er war laut und aggressiv“, sagte der jüngere Bruder, der von Rechtsanwa­lt Stefan Kabus verteidigt wurde, über den Nigerianer, der auf einer Bank vor dem Gebäude saß, um mit seiner Freundin zu telefonier­en. Doch die Begegnung der Männer endete in einem handfesten Streit. Laut

Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft sollen die Brüder ihren Mitbewohne­r mit den Füßen getreten, mit einem Kochtopf, einem Kinderschu­bkarren und einem Metallstoc­k auf den Unterarm geschlagen haben.

Die Brüder, die genau wie der Geschädigt­e einen Dolmetsche­r brauchten, distanzier­ten sich vor Gericht größtentei­ls von den Vorwürfen. Es sei richtig, so der jüngere Bruder, dass beim ersten Vorfall erst geschubst worden und dann die Fäuste geflogen seien. „Ich habe aber keine Waffen eingesetzt“, so der Angeklagte – also auch keinen Metallstoc­k, obwohl die Striemen auf dem Unterarm einen Hinweis darauf gaben. Der ältere Bruder habe die Situation schlichten wollen, habe ebenfalls nicht zugeschlag­en. „Ich wollte das von Mann zu Mann mit ihm lösen“, so der ältere Bruder. Auch eine Stunde später seien die Brüder nicht gewalttäti­g gewesen, als es offenbar erneut zu Provokatio­nen und Beleidigun­gen gekommen sein soll.

Der Geschädigt­e wollte sogar die Strafanträ­ge gegen die beiden Angeklagte­n zurückzieh­en, weil sie inzwischen gute Freunde seien. Sie würden zusammen essen und Shisha rauchen. Nach einer telefonisc­hen Rücksprach­e mit seinem Anwalt blieb der Geschädigt­e allerdings bei seinen Strafanträ­gen. Indes nutzten die Verfahrens­beteiligte­n die Unterbrech­ung, um den Prozess zu beenden. Amtsdirekt­or Ralph Ettwein schlug vor, das Verfahren einzustell­en, wenn die Angeklagte­n dem Geschädigt­en ein Schmerzens­geld bezahlen würden. Die ersten 300 Euro legte der jüngere Bruder dem Geschädigt­en bar auf den Tisch. Der Restbetrag von 900 Euro wird ihm auf das Konto überwiesen.

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