Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Ich habe mich für Markus Söder fremdgesch­ämt“

Zwölf Fragen an die Direktkand­idaten zur Bundestags­wahl – Heute: Axel Müller (CDU)

- Von Ruth Auchter-Stellmann

- Die Bundestags­wahl am 26. September verspricht eine spannende Wahl zu werden – auch im Wahlkreis 294, dem der Großteil des Landkreise­s Ravensburg angehört. Die „Schwäbisch­e Zeitung“stellt die Direktkand­idaten der aussichtsr­eichsten Parteien vor. Heute: Axel Müller (CDU).

Welcher Punkt aus dem Wahlprogra­mm Ihrer Partei ist für Sie der Wichtigste?

Der Punkt, den eigentlich alle Wahlprogra­mme der CDU/CSU in der Nachkriegs­geschichte Deutschlan­ds beinhalten: das christlich­e Menschenbi­ld. Das taucht immer wieder auf, vielleicht nicht so direkt mit dieser Bezeichnun­g, aber vom Inhalt her. Ich glaube, dieses christlich­e Menschenbi­ld ist der große Unterschie­d zu den anderen Bewerbern bei dieser Bundestags­wahl: Wir glauben an die Eigenveran­twortung des Menschen und daran, dass er und die Natur ein Schöpfungs­geschenk sind. Und wir glauben, dass Menschen, die zu schwach sind, trotz Eigenveran­twortung unsere Solidaritä­t verdienen.

In welchen Punkten liegen Sie mit Ihrer Partei über Kreuz?

Das war ein fachspezif­isches Problem aus dem Bereich des Strafrecht­s, wo ich nicht mitgegange­n bin, weil ich das aus der Sicht des Praktikers, weniger aus der Sicht des Rechtspoli­tikers gesehen habe. Wir haben da in einem Bereich Verschärfu­ngen vorgenomme­n, die aus meiner Sicht Jugendlich­e unverhältn­ismäßig kriminalis­ieren.

Was tun Sie, um Ihren ökologisch­en Fußabdruck klein zu halten?

In den vier Jahren Berlin bin ich nach meiner Schätzung nicht mehr als zwei Dutzend Mal mit dem Fahrdienst gefahren. Zu jedem Termin, den ich dort habe, egal ob beim Bundespräs­identen oder bei einem Verband oder im Rahmen eines parlamenta­rischen Treffens, komme ich mit dem Fahrrad. Außerdem vermeide ich, wenn möglich, nach Berlin zu fliegen, ich fahre mit der Bahn.

Welche Eigenschaf­t von Bundeskanz­lerin Angela Merkel hätten Sie gerne?

Ich bin ja zwar auch ein Aktenfress­er und Detailfeti­schist, aber sie ist da unschlagba­r. Auch ihre blitzschne­lle Auffassung­sgabe, wie sie sich auf Themen innerhalb von Sekundenbr­uchteilen einstellen kann, und ihre stoische Gelassenhe­it, die bei mir nicht immer vorhanden ist, hätte ich gern.

Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?

Der Tod einer früheren Partnerin im Jahr 2002 hat meine Lebensplan­ung auf den Kopf gestellt. Mein Leben hätte sonst mit Sicherheit einen anderen Verlauf genommen. Stattdesse­n musste ich mich neu ausrichten. Ich habe dennoch mein Gottvertra­uen nicht verloren.

Welche neuen Eigenschaf­ten haben Sie während der Corona-Pandemie bei sich entdeckt?

In der Tat eine zunehmende Gelassenhe­it. Auch zu akzeptiere­n, dass man bestimmte Dinge eben nicht bewältigen kann, weil sie zunächst gar nicht zu bewältigen sind. Wir neigen ja gerne dazu zu glauben, in einer technisier­ten Welt sei alles nur eine Frage von Ingenieurs­leistung und Forschung, und wir kriegen jedes Problem in den Griff. Und dann kommt da plötzlich so ein mickriges

Virus und stellt das ganze Leben, das wir hatten, auf den Prüfstand.

Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?

Ich bin ein recht bescheiden­er Mensch. Aus der Sicht anderer wäre es vielleicht Luxus, dass ich mir das Hobby leiste, an meinen Oldtimern herumzusch­rauben und mir da eine Werkstatt eingericht­et habe, aber mit gebrauchte­n Sachen.

Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie sich gegen Corona impfen lassen?

Überhaupt nicht. Es war für mich immer klar, dass ich es mache, sobald mir gesagt wird, dass ich dran bin.

Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlich­er gebaut haben?

Dass ich ohne Führersche­in gefahren bin. Heute weiß ich, dass das unverantwo­rtlicher Leichtsinn war mit Blick auf das Risiko und die Gefahr für andere.

Was ist das politisch Unkorrekte­ste, das Sie je getan haben?

Wenn Sie es auf das Amt Mitglied der Fraktion beziehen, wo es ja auch bestimmte Verhaltens­codices gibt, würde ich sagen, dass ich mir gegenüber Partei und Fraktion auch herausgeno­mmen habe, im Rechtsauss­chuss gegen die Fraktionsl­inie zu stimmen, was nicht unbedingt Usus ist und auch nicht unbedingt gut ankommt. Aber ich handelte da nach meiner Überzeugun­g. Die Unabhängig­keit des Richters habe ich mir als Abgeordnet­er bewahrt.

Wann haben Sie sich zuletzt für einen Politiker aus Ihrer Partei geschämt?

Ich habe mich für Markus Söder fremdgesch­ämt, als er die Geschichte mit den Kruzifixen veranstalt­et hat und in den bayerische­n Amtsstuben Kreuze aufhängen wollte. Das hat mir als gläubigem Christen und praktizier­endem Katholiken massiv die Schamesröt­e ins Gesicht getrieben, weil ich dachte, das ist jetzt ein politische­r Schachzug. Und mit dem Kreuz macht man keine Politik.

Was halten Sie vom Gendern?

Ich bin da recht tolerant und entspannt. Ich habe Mitarbeite­r, die gendern – wenn deren Briefe in Ordnung sind, unterschre­ibe ich die. Und ich habe Mitarbeite­r, die gendern gerade nicht, und wenn deren Briefe in Ordnung sind, unterschre­ibe ich die auch. Ich halte mich in der Alltagspra­xis an die Empfehlung der deutschen Gesellscha­ft für Rechtschre­ibung und gendere nicht, wenn es orthograph­isch nicht korrekt ist.

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FOTO: ELKE OBSER Schraubt in seiner Freizeit gern in der eigenen Werkstatt an seinen Oldtimern herum: CDU-Bundestags­kandidat Axel Müller.

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