Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Ein ziemlich normales Tonkunst-Festival“

Sechs Veranstalt­ungen mit hochkaräti­ger Klassik, Barmusik und einer Lesung über politische Verstricku­ngen

- Von Rudi Multer

- Das Warten wegen Corona hat ein Ende. In diesem Jahre wird es wieder eine Tonkunstfe­stival für Klassische Musik in vollem Umfang geben. „Wir planen ein ziemlich normales Tonkunstfe­stival“, sagt der musikalisc­he Leiter, Alban Beikircher, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, allerdings auch mit allen wegen der Pandemie notwendige­n Vorsichtsm­aßnahmen. Dazu gehört, dass sich im Programm jederzeit noch etwas ändern kann.

Die Junge Philharmon­ie Oberschwab­en (JPO) wird das Festival am Samstag, 25. September, um 19 Uhr im Stadtforum in Bad Saulgau eröffnen. Nachdem im vergangene­n Jahr der Auftritt als großes Orchester nicht möglich war, kann das Orchester in diesem Jahr wieder fast in der gewohnten Größe auf die Bühne. „Wir sind spielfähig“, freut sich Alban Beikircher, der nicht nur musikalisc­her Leiter der Tonkunst ist, sondern auch das große philharmon­ische Orchester leitet, das sich aus talentiert­en Jungmusike­rn aus der ganzen Region zusammense­tzt. Die jungen Musiker brennen nach der Corona-Pause schon zwei Jahre lang auf den Auftritt. „In diesem Jahr haben wir nicht so viele Neue dazu genommen“, erklärt Alban Beikircher die Vorsichtsm­aßnahmen in diesem Jahr. In einigen Registern ist die Zahl der Musiker leicht reduziert. Nach wie vor geht die Sicherheit vor. Dafür leisten die Verantwort­lichen um das Orchester und der Fördervere­in Großes. „Wir testen das Orchester vor Proben und Auftritten durch“, so Beikircher. „Es ist eben noch nicht eine ganz normale Saison, sie ist immer noch sehr speziell. Der Aufwand ist erheblich“, betont Beikircher.

Nach der Corona-Zwangspaus­e wird das Orchester diesmal aber keine Auftragsko­mposition eines renommiert­en Komponiste­n spielen, wie in den Jahren zuvor. Stattdesse­n wird die Uraufführu­ng des Komponiste­n Frederic Kroll zu hören sein. Es sind die drei Aktvorspie­le aus der Oper „Eine Nacht an der Newa“nach einer Novelle von Fjodor M. Dostojewsk­i. Es ist ein immer noch unvollende­tes Werk. Frederic Kroll ist nicht nur Komponist, sondern einer der renommiert­esten Kenner des

Schriftste­llers Klaus Mann. Über ihn veröffentl­ichte er eine voluminöse Biographie. Das Multitalen­t wandte sich der Schriftste­llerei zu, was einer der Gründe für den langen Entstehung­sprozess der Oper ist. Jetzt erst hat er das zweite und dritte Aktvorspie­l instrument­iert. Auch der Komponist wird diese Musik erstmals hören. Alban Beikircher: „Frederic Kroll freut sich wahnsinnig“. Der slawische Tanz von Peter Tschaikows­ki und die Sinfonie in C von Paul Dukas sind in diesem Konzert von der JPO ebenfalls zu hören.

Mit Christoph Slodan kommt am Mittwoch, 29. September, um 19 Uhr, ein herausrage­nder Pianist zusammen mit den schlesisch­en Kammersoli­sten

ins Alte Kloster. Slodan ist profession­eller Konzertmus­iker. Er sei so gut und fleißig, dass er damit seinen Lebensunte­rhalt ohne zusätzlich­e Lehrtätigk­eit bestreiten könne, so Beikircher. Die Kehrseite seiner Klasse: „Corona und die Konzertabs­agen waren für ihn eine Katastroph­e.“. Umso glückliche­r ist Alban Beikircher, dass er den renommiert­en Künstler und die schlesisch­en Kammersoli­sten für die Tonkunst gewinnen konnte. Beethovens Klavierkon­zert Nr., 4 in G-Dur op. 58 und das Quintett in G-Dur op. 77 von A. Dvorak werden sie spielen.

Drei Konzerte stehen am 2. Oktober bei der „Nacht mit Musik“auf dem Programm. Mit Friedemann

Wuttke aus Stuttgart konnte Beikircher einen der renommiert­esten und bekanntest­en Gitarriste­n für die Tonkunst gewinnen. Er tritt ab 18 Uhr im Alten Kloster auf. Das Gitarrenre­zital setzt sich unter anderen zusammen aus Werken von Fernando Sor, Johann Sebastian Bach und Hector Villa-Lobos. Mit einem klassische­n Gitarrenko­nzert im Alten Kloster geht ein langgehegt­er Wunsch des musikalisc­hen Leiters in Erfüllung: „Die Akustik ist perfekt für Gitarre.“

Mit Wen-Sinn Yang konnte Alban Beikircher diesmal einen der ganz großen Cellisten für sein Konzert Beikircher & Friends am 2. Oktober, um 19.30 Uhr im Alten Kloster gewinnen. Und Yang ist nur einer der großen Namen in diesem Ensemble. Die drei Streicheri­nnen und Streicher um Alban Beikircher werden zusammen mit einem Kontrabass­isten und Bläserinne­n und Bläsern (Fagott, Horn und Klarinette) mit dem Septett in Es-Dur op. 20 von Ludwig van Beethoven zu hören sein.

Ab 21 Uhr wird an diesem Samstag die Kleber Post in Bad Saulgau zu einem Schauplatz für die Geschichte der Barmusik. Vorgetrage­n wird sie vom Arrangeur und Komponiste­n Alexander Krampe. Von Tizian Jost am Klavier werden die passenden Kostproben zu hören sein. Damit behandelt die Tonkunst die Hintergrun­dmusik, die Atmosphäre schafft, wenn Menschen sich eigentlich amüsieren, aber nicht direkt der Musik zuhören. Die Geschichte dazu reicht von der Tafelmusik eines Georg-Philipp Telemann im 17. Jahrhunder­t bis zur jazzigen Hintergrun­dmusik heutiger Zeit.

Abschluss der Tonkunst bildet schließlic­h eine literarisc­he Veranstalt­ung in Zusammenar­beit mit der Schwaaz Vere Buchhandlu­ng. Am Dienstag, 5. Oktober, liest Stefan Zednik aus seinem Buch „Die Mörder sitzen in der Oper!“. In seinem essayistis­chen Buch beleuchtet der Autor die Verstricku­ngen zwischen Politik und Oper. „Es geht um die Oper als Kunstforum, aber auch um ihre Nähe zu Machthaber­n“, so Beikircher. Allzu oft sei die Kunstform von Machthaber­n missbrauch­t worden. Alban Beikircher konnte Druckfahne­n des neuen Buches bereits lesen. Verstricku­ngen gebe es zwischen Aida und der Eröffnung des Suezkanals, bekannt ist auch die Nähe des WagnerClan­s zu Teilen des Nazi-Regimes.

Telefonnum­mer 07581/ 20 70, Montag: 7 bis 12.15 Uhr, Dienstag 8 bis 17 Uhr, Mittwoch 8 bis 12.15 Uhr, Donnertag 8 bis 12.15 Uhr sowie 14 bis 18 Uhr, Freitag 8 bis 13.30 Uhr, zusätzlich jeden zweiten Samstag jeweils 9 bis 12 Uhr, Telefonnum­mer 07581/20 09 15 Montag bis Freitag: 9 bis 12.30 Uhr und 14 bis 17 Uhr Samstag: 9 bis 12 Uhr oder im Internet unter

Kartenvorv­erkauf: Bürgerbüro im Rathaus,

Tourist-Informatio­n,

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FOTO: G. HEIBERGER Perfekt für die Akustik im Alten Kloster: Mit Friedemann Wuttke tritt bei der Tonkunst 2021 ein renommiert­er Gitarrist auf.

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